Spurensuche im Kreis Pinneberg – Die letzten drei Wochen bis zur bedingungslosen Kapitulation am 8./9. Mai 1945

In der Endphase des zweiten Weltkrieges fand sich in den Rückzugsgebieten des „dritten Reiches“ eine Militärmacht zusammengedrängt, die bis zuletzt außerordentlich gefährlich blieb. Das Verbrechen der NS-Führung nicht zu kapitulieren, als die Niederlage längst feststand, kostete Millionen Menschen das Leben. Die Naziherrschaft hatte durch ihre Vernichtungspolitik im Innern und mit ihrer Okkupationspolitik eine staatliche Identität geschaffen, die als Verhandlungspartner nicht anzuerkennen war. Jede andere Lösung als die bedingungslose Kapitulation hätte bis zu einem gewissen Grad die Anerkennung der begangenen Verbrechen bedeutet.

Spuren auf unserer Website berichten von Besonderheiten im Kreises Pinneberg bei der Befreiung vom Faschismus durch die Anti-Hitler-Koalition. Hier im Bilsener Wohld bei Quickborn treffen sich erstmalig die Kriegsgegner zur Einleitung der Kapitulation Hitlerdeutschlands. Die Selbstbefreiung von der NS-Herrschaft durch mutige Antifaschisten vor Eintreffen der britischen Verbände, in den späteren Westzonen ein einmaliger Vorgang, findet in Elmshorn statt. Der gescheiterte Versuch zur Errichtung einer letzten Hauptkampflinie zieht sich durch Elmshorn über Barmstedt und Lutzhorn bis Bokel. Die folgenden Ereignisse der Tage vom 18. April bis 8. Mai 1945 ergeben in der Rückschau die letzten drei Wochen des II. Weltkrieges in unserer Region.

Mittwoch 18. April:

Vor dem Bombenangriff der Alliierten auf Helgoland werden etwa zwanzig Männer am frühen Morgen, darunter fünf Helgoländer Widerstandskämpfer, verhaftet. Kurt. A. Pester, Georg E. Brown, Karl Fnouka, Martin O. Wachtel, Erich P.J. Friedrichs werden aufgrund ihres Widerstandes am 18. April auf Helgoland verhaftet. Sie hatten vergeblich versucht die Insel den britischen Alliierten kampflos zu übergeben um einen Bombenangriff zu verhindern.  Nach dem Großangriff britischer Bomber ist die Insel fast zerstört. Es gibt 128 Tote.

Sonnabend 21. April:

Die Helgoländer Widerstandsgruppe wird in Cuxhaven-Sahlenburg hingerichtet. Von den verhafteten zwanzig Männern werden vierzehn von ihnen nach Cuxhaven transportiert.  Nach einem Schnellverfahren werden fünf am Abend des 21. April 1945 am Schießplatz Cuxhaven-Sahlenburg hingerichtet. Sechs Stolpersteine auf dem Helgoländer Oberland erinnern daran.

 

Donnerstag 26. April:

Letzter Fliegerangriff auf Elmshorn mit 92 Toten darunter auch ZwangsarbeiterInnen. 92 Elmshornerinnen und Elmshorner, darunter fünf ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangene, ihre Namen stehen auf dem Gedenkstein des evangelischen Friedhofes, kommen bei dem Fliegerangriff ums Leben.  Ein Gedenkstein auf dem Kreisverkehr beim Langeloher Hof erinnert daran. Ralph Giordano, dessen erste Frau eine Elmshornerin war, schreibt: „Das Element des Krieges aber, das die Stadt und ihre Menschen, neben den Gefallenen an den Fronten, am schwersten heimgesucht hat, der Luftkrieg hatte lange (davor) begonnen: Mit dem Angriff der deutschen Luftwaffe … auf Guernica. Gefolgt nach Kriegsausbruch von der Zerstörung Warschaus…, Rotterdams, Coventrys und Belgrads 1940/41. Die Katastrophenacht von Elmshorn gibt nicht nur Anlaß zu berechtigter Trauer, sie zwingt auch, über ihren historischen Kontext nachzudenken: Den Angriff Hitlerdeutschlands auf Europa und die Menschheit, mit schlußgeschichtlichen Vorstellungen von der deutschen Weltherrschaft“.

 

Freitag 27. April:

KZ-Arzt beginnt im Krankenhaus Elmshorn. Dr. Lucas,  Arzt in verschiedenen Konzentrationslagern, und später einer der Hauptangeklagten im Auschwitz-Prozess, wechselt nach der „Flucht“ mit dem Fahrrad  am 27.4. ins Krankenhaus Elmshorn. Er wird 20 Jahre später nach seiner Enttarnung wegen „Beihilfe zu gemeinschaftlichen Mord in mindestens 1000 Fällen“ zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, dann aber freigesprochen.

 

Montag 30. April:

In einem Massengrab auf dem Tornescher Friedhof werden sieben Personen beigesetzt. Sie waren durch Tieffliegerbeschüsse und einen Bombenangriff im Hasweg am 27. April ums Leben gekommen. Das Grab wurde aufgrund der hohen Anzahl der Toten und der Mangelwirtschaft angelegt. Unter den Toten ist auch die 25-jährige Witwe Lieselotte Kwiedor und ihr fünfjähriger Sohn Egon.

 

Zwei russische Zwangsarbeiter werden in den letzten Kriegstagen in Bilsen ermordet.  Auf einem Bauernhof kommen in Bilsen  an der Reichsstraße die beiden russischen Zwangsarbeiter Marija Bondar und Iwan Ilgow gewaltsam ums Leben. Die Tat, begangen von Mitgliedern der Waffen SS, er­eig­ne­t sich zu ei­nem Zeit­punkt, als sich das Kriegs­en­de deut­lich ab­zeich­ne­t und das na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Herr­schafts­sys­tem am zu­sam­men­bre­chen ist.

 

Dienstag 1. Mai:

 Stimmungsbericht des NS-kritischen  Tornescher Pastors Oppermann. Er berichtet, dass es weder Gas noch Feuerung zum Kochen gab und gibt einen Überblick über die Lage der Flüchtlinge. Zum Zustand der Bevölkerung insgesamt sagt er: „Unruhe und Niedergeschlagenheit auf allen Gesichtern, aber auch ein tiefer Ernst. Viel menschliche Hoffnung, viel selbstgemachter Glaube ist zerbrochen. Still geht die gequälte Bevölkerung ihrer Arbeit nach. Das ist der 1. Mai 1945. Welch ein Gegensatz zu früheren Maifeiern!“.

 

Das Marinearsenal wird geräumt  – Flugblattaktion des Antifaschistischen Ausschusses in Elmshorn.  Das Marinearsenal wird geräumt und geplündert. In Elmshorn ergreift ein Antifaschistischer Ausschuss die Initiative und verteilt Flugblätter mit der Aufforderung zum Widerstand „gegen die Kriegsverlängerer“. Es ist der Beginn der Selbstbefreiung der Stadt durch den Antifaschistischen Ausschuß um den Sozialdemokraten Erich Arp und dem im kommunistischen Widerstand tätigen Elmshorner Gastwirt Arthur Geißler.

Mittwoch 2. Mai:

Befehl zur Errichtung einer neuen Hauptkampflinie im Kreis Pinneberg. Nach der Selbsttötung Adolf Hitlers am 30. April will dessen Nachfolger Karl Dönitz mit den eingeleiteten Verhandlungen zur Kapitulation Hamburgs eine neue Hauptkampflinie Elmshorn-Barmstedt-Alveslohe und eine Auffanglinie Horst-Offenseth-Lutzhorn-Lentföhrden errichten. Am Nachmittag des 2. Mai wird eine Äußerung des Militär-Kommandanten Major Meissner stadtbekannt, dass Elmshorn Teil der HKL sei. SS-Formationen graben sich rund um Elmshorn ein in Fahltskrug, Bullenkuhlen und in Lieth unter dem Schutz der Rotkreuzflagge, wogegen der Lazarettarzt Protest erhebt.

 

Donnerstag 3. Mai:

Widerstand gegen die neue Hauptkampflinie mit der „Aktion weiße Flagge“ in Elmshorn. An diesem Donnerstag sind die Ver­hält­nis­se in der Stadt völ­lig un­über­schau­bar. Alle Stra­ßen in und um Elms­horn werden von Wehr­machts­ver­bän­den ver­stopft. Nach dem Dö­nitz-Be­fehl der kampf­lo­sen Überg­a­be Ham­burgs ziehen Tei­le der nord­wärts strö­men­den Trup­pen durch die Stadt, an­de­re be­folg­en den Be­fehl sich hier zu ver­schan­zen. Zu be­fürch­ten steht der Auf­bau ei­ner neu­en Haupt­kampf­li­nie und durch die Prä­senz gro­ßer Mi­li­tär­po­ten­tia­le er­neut schwe­re Luft­an­grif­fe der Bri­ten. Der Antifaschistische Ausschuß ruft zum „Hissen weißer Flaggen auf“.

 

Der Untergang der Cap Arcona – zwei KZ-Häftlinge aus Pinneberg und Uetersen sterben in der Neustädter Bucht. Im April läßt die SS das KZ Neuengamme räumen. Der NSDAP-Gauleiter von Hamburg, Karl Kaufmann beschlagnahmt drei Schiffe in der Lübecker Bucht. Mit über 9000 KZ-Häftlingen werden sie zu schwimmenden Konzentrationslagern: Zusammengedrängt in den Laderäumen leiden die Häftlinge an Hunger, Durst und Krankheiten, viele sterben. Bei einem britischen Luftangriff am 3. Mai, der Absetzbewegungen deutscher Truppenteile über die Ostsee verhindern soll, geraten die beiden vor Neustadt liegenden Schiffe „Cap Arcona“ und „Thielbek“ in Brand. Nahezu 7000 Häftlinge verbrennen, ertrinken oder werden beim Versuch, sich zu retten, erschossen; nur 450 überleben.

Hans Britten (*1904), 1933 KPD-Stadtverordneter in Uetersen, ist an Bord und ertrinkt. Als Angeklagter im ersten Offenborn-Prozess 1935 wird er bei der „Aktion Gewitter“ am 23. August 1944 erneut verhaftet und nach Neuengamme verschleppt. An ihn erinnert ein Stolperstein in der Lohe 44, sowie ein Gedenkstein auf dem Uetersener Friedhof.

Wilhelm Schmitt. (*1888), Stadtverordneter der KPD in Thesdorf und später Stadtverordneter der SPD in Pinneberg. Verhaftet bei der „Aktion Gewitter“ im August 1944, verschleppt ins KZ Neuengamme, ertrinkt ebenso mit der MS Cap Arcona. An ihn erinnert ein Stolperstein in der Prisdorfer Straße 15 in Pinneberg.

 

Abschuss eines kanadischen Jagdbombers von der Zugbegleitflak im Tornescher Bahnhof. Der 22-jährige kanadische Pilot Flying Officer George F. Burden kommt bei der Explosion ums Leben. Nach 1968 wird bei der Gedächtnisstätte der Weltkriege auf dem Tornescher Friedhof ein einzelner Gedenkstein für ihn gesetzt.

 

Bombenangriff auf die Bahnstrecke Tornesch-Prisdorf beschädigt u. a. das Tornescher Pastorat. Nach der Kirchenchronik von Pastor Oppermann ist der 3. Mai 1945 der letzte Tag der Kampfhandlungen in Tornesch. Viele Fensterscheiben der Häuser entlang der Bahnstrecke Tornesch-Prisdorf auf Tornescher Ortsgebiet werden beschädigt. Auch in den Tagen zuvor wird die Bahnstrecke jeweils morgens gegen 7 Uhr bombardiert. Die Bewohner suchen Schutzräume auf, entfernen sich von der Bahnlinie um diese Zeit erinnern sich Arthur Mölln und Rosemarie Bannick. Die schwer beschädigte Bahnstrecke wird umgehend wieder repariert.

 

Die letzten Kriegstage: Barrikadenbau in den Tornescher Straßen.  In der Friedrichstraße (Höhe Nr. 50), der Wilhelmstraße (Höhe Nr. 59) und Pinneberger Straße (Höhe Sägewerk Hülsemann). Die Barrikaden bestehen aus alten Badewannen und anderem sperrigen Hausrat, der kaum geeignet ist, irgendein Hindernis darzustellen. In der Wilhelmstraße müssen die Straßenbäume von russischen Kriegsgefangenen für Straßensperren gefällt werden.

 

Bombardierung des Bauernhauses in Kurzenmoor. Gegen drei Uhr nachmittags wirft ein britischer Tiefflieger eine Brandbombe auf den Hof Kurzenmoor 16 von Karl Mohr jr. Das große Bauernhaus und die Scheune brennen ab. Bei dem Angriff kommen zehn Personen, darunter drei Kinder, ums Leben. Es wird von einer regen Tieffliegertätigkeit in der Gegend von Elmshorn berichtet. Man hat an diesem Tag etwa fünfzig Tiefflieger beobachtet. Dies geht aus dem Bericht der Freiwilligen Feuerwehr Kurzenmoor vom 20. Juni 1945 hervor.

 

Freitag 4. Mai:

Nach der kampflosen Übergabe von Hamburg folgt der Einzug der britischen Alliierten in die Stadt Pinneberg. Marie und Arthur Stehr erinnern sich: „Meine Frau und mein Vater erzählten mir dann, mittags halb eins ist der Engländer gekommen… Am Rathaus und in der Bahnhofsstraße bei der Polizei standen die Nazigrößen mit der Polizei. Die hatte sich alle unter Polizeischutz begeben. Mein Vater sagte: ´Da kannst du mal sehen, die Banditen. Wenn es für sie gefährlich wird, begeben sie sich unter Polizeischutz, damit ihnen nichts passiert.`“ Marie Stehr: „Die Engländer sind mit etwa 20 leichten Panzern aus Richtung Hamburg nach Pinneberg hinein gefahren. Die Spitze war an der Drostei. Sie haben nicht nach links oder rechts geguckt. Sie haben nur immer ihre Geräte gehabt, in die sie gesprochen haben, und haben eine ganze Zeit dort gestanden. Wir sind dann wieder nach Hause gefahren, weil wir sahen, daß die Gefahr für uns beendet war. Wie wir in die Friedenstraße zurückkamen, standen da noch die ganze Straße voller Geschütze und Wehrmacht. Oben flog ein englisches Flugzeug. Da richtete einer die große Kanone nach oben. Mein Schwiegervater sagte. ´lck glöw, de is nich ganz normal. Komm rin!` Ich dachte, das ist doch nicht möglich, daß einer noch in diesem Augenblick so etwas macht, aber sie waren ja so erzogen.“

 

Das Korps Witthöft  bezieht in Bokel Quartier zum „hinhaltenden Widerstand“. In der „Bokeler Mühle“ liegt das  Korps Witthöft und soll auf Befehl Dönitz vom 2. Mai eine Hauptkampflinie halten. Nach der kampflosen Übergabe Hamburgs sollen die in Verbände gegliederten Truppenteile über Pinneberg – Elmshorn bzw. Pinneberg – Barmstedt in den Raum Horst – Klein Offenseth – Groß Offenseth – Lutzhorn in Marsch gesetzt werden. Weiter lautet der Befehl: „Es haben sich zum hinhaltenden Widerstand zu gliedern: Die 3. Flak-Division in der Linie Horst – Klein Offenseth, Groß Offenseth – Lutzhorn unter schwerpunktmäßiger Abwehr  an den von Süden nach Norden führenden Straßen. Die Kampfgruppe Herrpell an der Straßengabel 500 Meter südlich von Lentföhrden.“

 

Vor der Unterzeichnung der  Teilkapitulation – Zusammentreffen einer  deutschen Delegation mit den britischen Alliierten im Bilsener Wohld. Ein Zusammentreffen der deutschen Delegation unter Generaladmiral Hans Georg von Friedeburg mit englischen Offizieren findet am Bilsener Wohld nördlich von Quickborn schon am 4. Mai vor Unterzeichnung der Teilkapitulation in Lüneburg statt. Am späten Vormittag des 4. Mai rü­cken dann die Eng­län­der in Quick­born ein. Nach­mit­tags trifft die deut­sche De­le­ga­ti­on am Bil­se­ner Wohld nörd­lich von Quick­born er­neut auf Of­fi­zie­re des Sta­bes um Ge­ne­ral­feld­mar­schall Mont­go­me­ry und wird von dort ins bri­ti­sche Haupt­quar­tier zu Mont­go­me­ry ge­lei­tet. Noch am sel­ben Tag un­ter­schrei­ben die deut­sche De­le­ga­ti­on und Mont­go­me­ry die be­din­gungs­lo­se Teil­ka­pi­tu­la­ti­on für sämt­li­che deut­sche Streit­kräf­te in Hol­land, Nord­west­deutsch­land und Dä­ne­mark, die am 5. Mai in Kraft tritt.

Sonnabend vom 4. auf 5. Mai:

Der Marinechefrichter Ostsee erschießt sich in Barmstedt. Auf der Schloßinsel erschießt sich der Marinechefrichter Ostsee Dr. Erich Lorenzen. Er hatte nach der Ausbombung in Kiel seinen Dienstsitz in das Amtsgericht (heutiges Museum der Grafschaft Rantzau) eingerichtet. Zeitzeugen berichten, wie der Admiralrichter und das übrige Gerichtspersonal vor dem Gerichtsgebäude einen Haufen Akten verbrannte.

 

Dienstag 8. Mai:

Polnischer Zwangsarbeiter in Seeth-Eekholt ermordet. Was die Na­men er­mor­de­ter Zwangs­ar­bei­ter zum Kriegs­en­de be­trifft, so gibt ein Ver­bre­chen in Elms­horns Nach­bar­ge­mein­de Seeth Ek­holt Hin­wei­se. Jan Moc­zydlow­ski, ge­bo­ren am 5. Juli 1913 im pol­ni­schen Ka­lisch, wir­d dem­nach am 8.5.1945 in Seeth Eck­holt er­schos­sen. Ein bis zum heu­ti­gen Tage un­ge­klär­tes Kriegs­ver­bre­chen. Er kam 1941 als Kriegs­ge­fan­ge­ne­r nach Pin­ne­berg und ­ar­bei­te­te bei der Firma Bel­ler. Zwischen­zeit­lich wur­de er Ende 1941 nach Elms­horn in das La­ger Rams­kamp über­stellt.

 

Der Pinnneberger Cornel Ferder Ingus wird für tot erklärt. Cor­nel Fer­der In­gus wur­de am 25.10.1888 in Wien/Ö​ster­reich ge­bo­ren. Sei­ne Eltern wa­ren vom jü­di­schen Glau­ben zum Chris­ten­tum kon­ver­tiert. Die Ehe von Cornel Ferder Ingus wurde bereits 1943 aufgehoben. Sofort wird er in ein „Judenhaus“ nach Hamburg verbracht und von dort wenige Tage später in das KZ Theresienstadt verschleppt. 1944 wird er in das KZ Auschwitz deportiert und am 8.05.1945 für tot er­klärt. Es gibt kaum Er­in­ne­run­gen an ihn und sein Schick­sal. Die ein­zi­ge um­fas­sen­de­re, öffent­li­che Er­in­ne­rung in Pin­ne­berg ist ein er­grei­fen­der Le­ser­brief mit dem Ti­tel „Stück deut­scher Ver­gan­gen­heit“ von Pas­tor Det­leffsen aus dem Jahre 1994.

 

Zeitzeugen aus Rellingen/Krupunder berichten: „Wir ha­ben da­mals den 8. Mai als ei­nen Tag der Be­frei­ung er­lebt und ge­fei­ert“ Das Rentnerehepaar Magna und Willi Gunkel aus Rellingen berichtet, wie sie den 8. Mai erlebten: „Die Eng­län­der stan­den in Rel­lin­gen. Das, was wir uns vor­ge­stellt hat­ten, daß an je­dem Baum ein Deut­scher von den Eng­län­dern auf­ge­hängt wür­de, traf nicht ein. Eine Nach­ba­rin, de­ren Sohn als Sol­dat bei ei­nem An­griff ge­tö­tet wor­den war, kam mit ei­ner Heu­ga­bel und woll­te die Eng­län­der ver­trei­ben… Hier in der Stra­ße stan­den vier, viel­leicht fünf Häu­ser. Al­les an­de­re wa­ren Baum­schu­len. Rel­lin­gen war von den Bom­ben­an­grif­fen fast ver­schont ge­blie­ben. Wenn Bom­ben­alarm kam, gin­gen wir zu ei­nem Nach­barn. Der war Nazi, aber er muß­te uns Kom­mu­nis­ten in den Luft­schutz­kel­ler hin­ein­las­sen. Ein­mal wa­ren mei­ne El­tern un­ter­wegs zu dem Luft­schutz­bun­ker, als vor ih­nen eine Bom­be auf die Stra­ße fiel. Sie konn­ten nur noch in den Gra­ben sprin­gen. Mei­ne El­tern ka­men mit ei­nem Schock da­von. Aber ich kann er­zäh­len, daß wir am Krupun­der Ring, dort wo heu­te die Hoch­häu­ser ste­hen, eine Flak­stel­lung hat­ten. So­wje­ti­sche Kriegs­ge­fan­ge­ne leb­ten dort in Ba­ra­cken und sie muß­ten Hilfs­diens­te leis­ten wie z.B. Schein­wer­fer put­zen…  Wir ha­ben hier noch Glück ge­habt. Nach der Ka­pi­tu­la­ti­on ha­ben wir er­fah­ren, daß ein Nach­bar uns noch im April ´45 ins Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger schaf­fen woll­te. Viel­leicht ha­ben die Na­zis in der Orts­grup­pe auch nicht mehr an Deutsch­lands Sieg ge­glaubt, und das hat uns ge­ret­tet… Wir ha­ben da­mals den 8. Mai als ei­nen Tag der Be­frei­ung er­lebt und ge­fei­ert. Denn wir wur­den von den Al­li­ier­ten be­freit. Den Haupt­teil die­ser Be­frei­ung hat die So­wjet­uni­on ge­leis­tet. Das dür­fen wir nicht ver­ges­sen.“

Zwei Bilddokumente vom Kriegsende und vom Ende des „III. Reiches“

Das Foto zeigt das Zusammentreffen einer Abordnung des britischen Generalfeldmarschalls Montgomery und Vertreter des letzten Reichskanzlers und Oberbefehlshabers der Wehrmacht Karl Dönitz. Es wurde am Nachmittag des 4. Mai 1945 auf der Kieler Straße, nördlich von Quickborn, der damaligen Demarkationslinie, aufgenommen.

Zu sehen sind Montgomerys Adjutant Oberstleutnant Warren (2. von links), der Befehlshaber der Marine Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg (3. von links) und Oberst Fritz Poleck (4. von links). Von hier aus wird die deutsche Delegation zum britischen Hauptquartier bei  Wendisch Evern, nahe Lüneburg, begleitet, um dort am Abend des 4. Mai die bedingungslose Teilkapitulation für Nordwestdeutschland, Holland und Dänemark zu unterzeichnen, die am 5. Mai in Kraft tritt.

Am 7. Mai folgt die Unterzeichnung der Gesamtkapitulation bei General Eisenhower in Reims und in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai aller Alliierter in Karlshorst bei Berlin.

Drei Wochen später nutzt Hans Georg von Friedeburg einen unbeobachteten Zeitpunkt und vergiftet sich am 23. Mai 1945 in einer Toilette des Stützpunktes Flensburg-Mürwik mit Blausäure. Es ist der Tag der Festnahme der bis dahin dort residierenden Reichsregierung unter Karl Dönitz (Wandbild) und damit das Ende des III. Reiches.