Zwangs­ar­beit auf Hel­go­land

Hel­go­land

Andrjuschenko, Wladimir - Kriegsgefangener/Zwangsarbeiter auf Helgoland          Grigorenko, Wasilij - Kriegsgefangener/Zwangsarbeiter auf Helgoland           Fedoseev, Nikolaj - Kriegsgefangener/Zwangsarbeiter auf Helgoland           Agapow, Fedor - Kriegsgefangener/Zwangsarbeiter auf Helgoland   (Fo­tos obd Po­dolsk)

Helgoland, Bau des Zivilbunkers                 Helgoland, Bunkerbau

Bunkerbau auf Helgoland

Hel­go­land war schon im Ers­ten Welt­krieg zur Fes­tung aus­ge­baut wor­den, und die­se An­la­gen wur­den in den 30’i­ger und 40’­ger Jah­ren kon­se­quent er­wei­tert.  Ein rie­si­ger Auf­wand wur­de auf der gan­zen In­sel be­trie­ben, für eine Fes­tung die be­son­ders im Zwei­ten Welt­krieg kei­ne nen­nens­wer­te mi­li­tä­ri­sche Be­deu­tung hat­te. Ne­ben den Bau­ar­bei­tern und der 2.000 star­ken Be­völ­ke­rung be­fan­den sich ca. 4.000 Ma­ri­ne­sol­da­ten auf der klei­nen In­sel.

Nach Aus­bruch des Zwei­ten Welt­krie­ges im Sep­tem­ber 1939 be­gann 1940 der Ab­zug ak­ti­ver Ma­ri­ne­of­fi­zie­re von der In­sel, eben­so wur­den die jün­ge­ren Bau- und Ha­fen­ar­bei­ter zum Mi­li­tär­dienst ein­ge­zo­gen. An­fangs wur­den sie durch italienische Bergbaufacharbeiter er­setzt.

 Kriegsgefangene aus der ehemaligen Sowiet Union

Ab An­fang 1942 folg­ten  Gefangene aus Russland, Weissrussland und der Ukraine, die aus ver­schie­de­nen Sam­mel­la­gern in Deutsch­land und den be­setz­ten Ge­bie­ten ka­men

Un­ge­fähr 5 Mil­lio­nen Kriegs­ge­fan­ge­ne aus der ehe­ma­li­gen So­wjet­uni­on wur­den in die­sen La­gern ge­sam­melt.    Ohne Schutz der Gen­fer Kon­ven­ti­on und ohne Hil­fe des Deut­schen Ro­ten Kreu­zes wur­den vie­le auch mit­ten im Win­ter auf Fel­dern zu­sam­men­ge­pfercht , wo sie sich Lö­cher in den Bo­den gru­ben, um bei kärg­li­cher Nah­rung ir­gend­wie über­le­ben zu kön­nen.

Ca. 2,5 Mio. die­ser Ge­fan­ge­nen star­ben, größ­ten­teils durch „ge­ziel­tes sy­te­ma­ti­sches Ver­hun­gern las­sen“ so­wie „Ver­nich­tung durch Ar­beit“.     Die Män­ner, die es ins nächs­te La­ger schaff­ten, wur­den von der Or­ga­ni­sa­ti­on Todt an vie­le tau­send Ar­beits­plät­ze in ganz Deutsch­land ver­teilt – auch nach Hel­go­land.  Nach ei­ner lan­gen Odys­see durch ver­schie­de­ne La­ger ver­schiff­te man sie haupt­säch­lich über Sta­lag (Stamm­la­ger) XB Sand­bos­tel zur In­sel. Un­ter wa­ren ih­nen vie­le Of­fi­zie­re.

Auf den  er­hal­te­nen Kar­tei­kar­ten vie­ler so­wje­ti­scher Kriegs­ge­fan­ge­ner sind meh­re­re Flucht­ver­su­che aus ver­schie­de­nen Fest­land-La­gern ver­merkt.  Sie wa­ren auf die „si­che­re“ In­sel Hel­go­land ge­bracht wor­den, um die­se Flucht­ver­su­che zu ver­hin­dern.

Die meis­ten Of­fi­zie­re und Kom­mis­sa­re wur­den in Ba­ra­cken auf dem Hel­go­län­der Nord­ost­ge­län­de un­ter­ge­bracht. Au­ßer­dem wur­de eine Ba­ra­cke für so­wje­ti­sche Sol­da­ten im Ober­land zwi­schen dem ehe­ma­li­gen Fla­kru­ko und der Falm­bat­te­rie ge­baut; eine wei­te­re bei der Bat­te­rie Nord­spit­ze. Die­se Ge­fan­ge­nen wur­den bei den Flak­bat­te­ri­en ein­ge­setzt, hal­fen dort beim Trans­por­tie­ren und Zu­rei­chen von Mu­ni­ti­on. Vie­le von ih­nen ver­lo­ren bei den gro­ßen An­grif­fen auf Hel­go­land ihr Le­ben.

Kriegsgefangene aus Weißrussland

Die Weiß­rus­sen schei­nen auf Hel­go­land ge­son­dert un­ter­ge­bracht und auch bes­ser be­han­delt wor­den zu sein: auf dem Hel­go­län­der Ober­land –am Müh­len­teich, un­ge­fähr dort wo sich heu­te der Pony­club be­fin­det.

Militärinternierte aus Italien

Nach dem Waf­fen­still­stand zwi­schen Italien und den Al­li­ier­ten im Sep­tem­ber 1943 nah­men deut­sche Trup­pen Sol­da­ten der ehe­ma­li­gen Ver­bün­de­ten fest.  Als sog. italienische Militärinternierte wur­de ih­nen nicht der Sta­tus von Kriegs­ge­fan­ge­nen zu­er­kannt.  Auch sie wa­ren ohne den Schutz der Gen­fer Kon­ven­ti­on und der Hil­fe des Deut­schen Ro­ten Kreu­zes.  Un­ter schwers­ten Be­din­gun­gen muss­ten sie Zwangs­ar­beit im Deut­schen Reich und den be­setz­ten Ge­bie­ten leis­ten.   45.000 von ca. 600.000 die­ser „Badoglio Italiener“  über­leb­ten die deut­sche Ge­fan­gen­schaft nicht.

Ei­ni­ge hun­dert die­ser Ita­lie­ner wa­ren auch auf Hel­go­land in­ter­niert.

 Häftlinge aus den Niederländen, Belgien und Frankreich

1944 folg­ten hun­der­te po­li­ti­scher Häft­lin­ge – sog. „Ge­sta­po Häft­lin­ge“  – aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Die meis­ten wa­ren Ar­beits­dienst­ver­wei­ge­rer, dh. sie wei­ger­ten sich zum Ar­bei­ten „ins Reich“ ge­schickt zu wer­den. Ei­ni­ge hat­ten sich ver­steckt, an­de­re ver­such­ten, mit ge­fälsch­ten Pa­pie­ren in ih­rer Hei­mat zu blei­ben.

Vie­le Hol­län­der wur­den über Sam­mel­un­ter­künf­te wie das Ge­fäng­nis Kamp Amers­fo­ort in Hol­land nach Hel­go­land ge­bracht, so­wie über Nor­der­ney, an­de­re ka­men über Sta­de und Cux­ha­ven. Eine grö­ße­re Grup­pe aus der Um­ge­bung Onst­wed­de, Nie­der­lan­de, wur­de über Wind­scho­ten und Delf­zij nach Hel­go­land trans­por­tiert.   Sie wur­den im sog. „La­ger für Häft­lin­ge“ im Nord­os­ten der In­sel un­ter­ge­bracht, lit­ten an Hun­ger und bru­ta­ler Be­hand­lung. Ei­ni­ge star­ben dar­an, an­de­re wur­den er­schos­sen. Hel­go­land nann­ten sie „Die Teu­fels* oder „Höl­len­in­sel“ . (Im Nie­der­län­di­schen be­deu­ten die Buch­sta­ben Hel=Höl­le)

ALLE GEFANGENEN wohn­ten ge­trennt von der Be­völ­ke­rung  in ver­schie­de­nen Ba­ra­cken­la­gern auf dem Ober- und Un­ter­land und wur­den dort von Fest­län­dern so­wie ei­ni­gen wehr­un­taug­li­chen Hel­go­län­dern be­wacht.  Wäh­rend des Ta­ges ar­bei­te­ten sie als Zwangs­ar­bei­ter an den Ha­fen- Bun­ker-, Tun­nel- und Fes­tungs­an­la­gen.  Ob­wohl Hel­go­land als „Front­ge­biet“ mit Nah­rungs­mit­teln gut ver­sorgt war, war die Ver­pfle­gung der Zwangs­ar­bei­ter ex­trem karg.

Auf ih­ren Mär­schen zu­rück ins La­ger sam­mel­ten sie oft die von Fi­schern lie­gen ge­blie­be­nen to­ten Fi­sche auf und stah­len Kar­tof­feln.  Wenn mög­lich, steck­ten ih­nen Hel­go­län­der auf ih­ren Mär­schen Brot zu. Auch die Kin­der reich­ten ih­nen Brot durch den Sta­chel­draht­zaun ih­rer Ba­ra­cken, wo­für sie ge­schnitz­tes Spiel­zeug er­hiel­ten.  Ein Hel­go­län­der wur­de des­we­gen ver­haf­tet.

Be­son­ders im „Hun­ger­win­ter“ 1944/​45 lit­ten vie­le Ge­fan­ge­ne an Hun­ger und Er­schöp­fung, ei­ni­ge star­ben.

Autorin/ Copyright:  Astrid Friederichs

Veröffentlicht von Astrid Friederichs am

Ein Hinweis zu “Zwangsarbeit auf Helgoland”

  1. Bittkau sagt:

    Wir ha­ben im März 24 eine gut be­such­te Bun­ker­füh­rung auf Hel­go­land mit­ge­macht. Es wur­de im­mer­hin an­fangs in ei­nem Satz er­wähnt, dass dort ei­ni­ge Tau­send Zwangs­ar­bei­ter in­ter­niert wa­ren. Die rest­li­chen 89 Mi­nu­ten der Füh­rung ging es aber nur um die Art der Ge­schüt­ze und Bom­ben, das Leid der Hel­go­län­der und der he­roi­sche Kampf um die Wie­der­be­sied­lung 1952.
    Auf mei­ne Fra­ge zum Schluss, was denn aus den Zwangs­ar­bei­tern ge­wor­den sei, wie­vie­le über­lebt hät­ten, ob die bei den schwe­ren Bom­bar­die­run­gen im April 45 mit in die Bun­ker durf­ten, die sie sel­ber bau­en muss­ten, kam nur die la­pi­da­re Ant­wort, dass es dazu lei­der kei­ne Zah­len gäbe.
    Ich fin­de das un­mög­lich und ex­trem un­glaub­wür­dig. Ich wer­de dazu noch eine Mail an das Hel­go­län­der Mu­se­um schrei­ben.
    Die­se In­ter­net­sei­te habe ich lei­der erst nach un­se­rem Hel­go­land­auf­ent­halt ent­deckt.

  2. Oberstech, E.-Otto sagt:

    Ich habe ge­ra­de eine Füh­rung auf Hel­go­land ge­macht. Ich fin­de es be­schä­mend, dass da­bei in keins­ter Wei­ser auf die Kriegs-ge­fan­ge­nen ein­ge­gan­gen wird. Bit­te hal­ten Sie mich über die wei­te­ren For­schun­gen auf dem Lau­fen­dem.

  3. egon sagt:

    lei­der er­wähn­te der rund­gang­füh­rer auf hel­go­land mit kei­nem wort die to­ten skla­ven auf der in­sel…scha­de…

    1. Friederichs, Astrid sagt:

      Dan­ke für Ih­ren Kom­men­tar.
      Auf Hel­go­land sind die­se Tat­sa­chen noch nicht all­ge­mein be­kannt – ob­wohl ich ei­ni­ge da­von schon 2013 nach meh­re­ren Jah­ren Re­cher­che hier ver­öf­fent­licht habe. Die For­schung zu die­sem The­ma wird nächs­tes Jahr wei­ter­ge­hen.
      As­trid Frie­de­richs

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