Stolpersteine in Elmshorn: Hans Christian Carl Wulff

Stolpersteine Königstraße 51 (Foto: R.Arendt)
11. Februar 1935
Königstraße 51, Elmshorn

Biografie Hans Christian Carl Wulff

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts erfuhren die Ortsversammlungen und Bibelstudiengruppen der Zeugen Jehovas in Norddeutschland einen regen Zulauf. Dazu zählten die größeren Gemeinden in Kiel, Lübeck und Flensburg sowie kleinere Gruppen z.B. in Kellinghusen oder in Elmshorn. Die Zeugen trafen sich regelmäßig zum Studium der Bibel und widmeten sich eifrig der Missionstätigkeit. Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 setzten sie diese nunmehr verbotene Tätigkeit fort.
Die hiesige Polizei reagierte: Am 28.1.1935 stürmte sie ein Handarbeitstreffen von fünf Bibelforscherinnen in der Ollnstraße trotzdem nicht festgestellt werden konnte, dass die Teilnehmerinnen sich religiös betätigt hatten. Die Elmshorner Bibelforscher setzten wie ihre Glaubensbrüder reichsweit trotz Verbots ihre Bibelstudien fort, wobei sie von der Gruppe in Altona unterstützt wurden. Im Dezember 1936 und im Juni 1937 beteiligten sie sich an zwei reichsweiten Flugblattaktionen. Die Flublätter “Resolution” und “Offener Brief” wurden heimlich in Briefkästen gesteckt bzw. mit der Post versandt.

Keine andere Widerstandsorganisation habe während der gesamten NS-Zeit eine „vergleichbare Initiative“ durchgeführt, so die Lübecker Historikerin Fr. Dr. Elke Imberger. In den Flugblättern wurde die grausame Verfolgung der Zeugen Jehovas in Deutschland angeprangert.

Die Gestapo reagierte wütend. Es kam zu Massenverhaftungen von Zeugen Jehovas, was u.a. dazu führte, dass die Frauenabteilung des Gefängnisses in Neumünster völlig überfüllt war. 81.5% der Angeklagten vor dem schleswig-holsteinischen Sondergericht waren 1938 Zeugen Jehovas. Die Untergrundorganisation der Zeugen Jehovas einschließlich der heimlichen Druckaktivitäten und des Literaturversandes waren zerschlagen worden.

Anlässlich der Flugblattaktion am 12.12.1936 war bereits der Elmshorner Zeuge Jehovas Max Andreas Hahn verhaftet worden, der später im Konzentrationslager Sachsenhausen verstarb (ein entsprechender Stolperstein wurde bereits verlegt). Auch der Zeuge Jehovas Carl Wulff fand in diesem Lager am 11.2.1939 den Tod.
Carl Wulff wird als Sohn den Holzpantoffelmachers Claus Wulff am 19.11.1893 im Elmshorn geboren. Im Oktober 1920 heiratet er seine Frau Alwine, am 6.6.1921 wird ihre gemeinsame Tochter Elsa geboren. Carl Wulff arbeitet als Maurer, die Familie wohnt in der Königstraße 51.
Die Zugehörigkeit zu seiner Religion stellte ihn wie alle Zeugen Jehovas in scharfem Gegensatz zum NS-Regime. So verweigerten sie den Hitlergruß mit dem Hinweis, dass nach der Bibel das „Heil“ alleine in Christus zu suchen sei. Des weiteren weigerten sie sich, an Wahlen teizunehmen sowie in verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen Mitglied zu werden und lehnten den Eid auf den Führer ab.
Für die Zeugen war auch die Rassenlehre der Nationalsozialisten mit ihrem Glauben unvereinbar.
Die Nationalsozialisten sahen die “Ernsten Bibelforscher”, wie Jehovas Zeugen damals oft genannt wurden, als Teil einer „jüdisch-bolschewistischen“ Verschwörung an mit dem Ziel, eine „unumschränkte Herrschaft des Judentums“ zu errichten (Schleswig-Holsteinische Tageszeitung vom 30.6.1933) Ihre heimliche Missionstätigkeit stellte nach Lesart der politischen Machthaber damit „Hetze“ und „kulturbolschewistische Zersetzungsarbeit“ dar.

Carl Wulff wurde verhaftet und am 20.5.1938 in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Er bekam die Häftlingsnummer 342. In den Lagern wurden den Zeugen Jehovas als einziger Häftlingsgruppe eine “Verpflichtungserklärung” vorgelegt, mit der sie ihrem Glauben abschwören sollten, um dann möglicherweise entlassen zu werden. Carl Wulff dagegen wurde nicht entlassen. Er verstarb als christlicher Märtyrer am 11.2.1938, weniger als neun Monate nach seiner Einlieferung.

Literatur: Imberger, Elke. Widerstand und Dissens aus den Reihen der Arbeiterbewegung und der Zeugen Jehovas in Lübeck und in Schleswig-Holstein 1933-1945

Autor: Jörn Puttkammer

Pate für den Stolperstein von Hans Christian Carl Wulff ist die Gewerkschaft ver.di, Fachbereich Postdienste, Speditionen und Logistik

Inschrift

HANS CHRISTIAN

CARL WULFF

JG. 1893

ZEUGE JEHOVAS

VERHAFTET

SACHSENHAUSEN

TOT 11.2.1939

 

Veröffentlicht von Rudi Arendt am

Ein Hinweis zu “Stolpersteine in Elmshorn: Hans Christian Carl Wulff”

  1. doerte widderich sagt:

    Hallo Herr Arendt
    Alwine Wulff (später Teut) war die Schwester meiner Großmutter Adele Brauckmann. Alwine lebte in Nordhastedt und verstarb am 28.02.1980.
    Können Sie einen Kontakt zu Patrick Schlüter herstellen? Er muss auch mit mir verwandt sein.
    Ich vermute seine Großmutter war Alma Brauckmann verh. mit Wilhelm Schlüter, auch eine Schwester von Alwine und Adele.

    vg Dörte Widderich

  2. Patrick Schlüter sagt:

    Der Artikel enthällt einen faktischen Fehler. Mein Großonkel Carl Wulff ist 1939 verstorben, nicht 1938. Dies kann von der Webseite des KZ Sachsenhausen verifiziert werden und ist auch logisch da im Artikel das Einlieferungsdatum in 1938 angegeben.

    1. Rudi Arendt sagt:

      Hallo Patrick Schlüter. Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Fehler korrigiert. Falls Sie als Verwandter von Carl Wulff zu seiner Biografie noch weiteres beitragen können und möchten, würde uns das freuen.

      Rudi Arendt

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