Stolperstein für Stanislaus Pade vor dem Langeloher Hof
Von Christel Patzak
Der Liste aller nach Elmshorn verschleppten Zwangsarbeiter, die die britische Militärregierung nach dem Kriegsende verlangte, ist zu entnehmen, dass im Laufe des Krieges 2146 Personen in 242 Elmshorner Betrieben Zwangsarbeit leisten mussten. Die Betriebe waren formal nicht gezwungen, Zwangsarbeiter einzusetzen, sondern sie mussten diese beim Arbeitsamt anfordern.
Von den 2146 Zwangsarbeitern waren 75 Prozent Männer und 25 Prozent Frauen. Es waren zum großen Teil sehr junge Menschen. Fast die Hälfte aller Zwangsarbeiter, nämlich 45 Prozent, war unter 21 Jahren. Etwa fünf Prozent waren Kinder zwischen elf und 15 Jahren, und 20 Prozent waren zwischen 16 und 18 Jahre alt. Älter als 40 Jahre waren nur zwölf Prozent.
Bis jetzt ist bekannt, dass 33 Personen, darunter 14- und 16-jährige Zwangsarbeiter, von den Nazis in Konzentrationslager deportiert wurden. Zwei Polen wurden hingerichtet. Einer von ihnen war Stanislaus Pade.
Stanislaus Pade wurde am 29. September 1921 in Posen geboren. Er kommt im März 1940 als 19-Jähriger mit einem der ersten Transporte von Zwangsarbeitern nach Elmshorn, trägt die Ausweisnummer 985. Er schuftet für die Baumschule Gebr. Mohr auf Langelohe und wird in der Gaststätte „Langeloher Hof“, die als Zwangsarbeiterlager eingerichtet wurde, einquartiert. Das Lager hat Platz für zirka 40 Menschen und war laut Schreiben der Stadt Elmshorn vom 4. Dezember 1942 mit zirka 178 Menschen hoffnungslos überfüllt.
Schon 1940, so ergibt die Aktenlage, sind die hygienischen Zustände katastrophal: verstopfte Latrinengräben unter den Fenstern, keine Wasserhähne im Waschraum, die Raumtemperatur –2° im Winter, Flohplage trotz Formalinbegasung.
Aus einem Polizeibericht vom 13. Juni 1940: „ Das Lager Langelohe wird regelmäßig von der Polizei überwacht. Die Polen besitzen kein Nähzeug, um das vorgeschriebene „P“ festzunähen.“
Ein sogenanntes „Polenabzeichen“, das aufgrund der „Polenerlasse“ vom 8. März 1940 jeder polnische Zwangsarbeiter in Deutschland tragen musste.
Andererseits steht in der „Polizeiverordnung über die Kenntlichmachung im Reich eingesetzter Zivilarbeiter- und Arbeiterinnen polnischen Volkstums vom 8. März 1940, dass Zuwiderhandlung/ Nichttragen des “P“s eine Geldstrafe bis zu 150,- Reichsmark oder Haft bis zu sechs Wochen zur Folge haben.
Im Juni 1940 stellt Stanislaus Pade, zusammen mit anderen polnischen Zwangsarbeitern, beim Landrat in Pinneberg einen Antrag auf Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit, der ihn bei positivem Entscheid von den harten Bestimmungen für polnische Zwangsarbeiter entbunden hätte. Wie zum Beispiel: Tragen eines aufgenähten „P“, Verbot des Kontaktes mit Deutschen, Verschluss im Lager während der Nachtzeiten. Doch der Antrag wird abschlägig beschieden. Dabei hat Stanislaus Pade offensichtlich deutsche Wurzeln, denn in den Akten im Stadtarchiv Elmshorn gibt es einen handgeschriebenen Brief auf Deutsch in Sütterlinschrift von der Mutter Martha Pade, in dem sie darum bittet, ihren ältesten Sohn Stanislaus zu beurlauben, da sie praktisch allein mit ihren fünf weiteren Kindern auf der Straße sitzt. Mit einem Brief der Stadt Elmshorn vom 27. Mai 1941 wird Martha Pade, Siedlung 32, Guntershausen/Posen, mitgeteilt, dass eine Beurlaubung ihres Sohnes Stanislaus nicht stattfinden könne, da eine allgemeine Urlaubssperre aus verkehrstechnischen Gründen bestehe.
Am 22. Dezember 1942 wird Stanislaus Pade wegen des Handels mit Lebensmittelmarken als „Volksschädling“ vom Sondergericht Kiel zum Tode verurteilt. Mit einem Schreiben an die Stadt Elmshorn teilt die Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Stadt mit, dass Stanislaus Pade am 5. Februar 1943 dort hingerichtet worden ist. Der Vollzug des Urteils wurde zur Abschreckung in Langeloher Hof ausgehängt. Stanislaus Pade war gerade 22 Jahre alt geworden.
Die Patenschaft des Stolpersteines für Stanislaus Pade haben übernommen:
Christel und Dieter Patzak sowie
die Klasse Vc der Bismarckschule mit der Leiterin Christel Welsch und den Schülerinnen und Schülern: Marijim Arabo, Jannike Becker, Niklas Boos, Mirko Hahn, Kim Huckfeldt, Matthias Jochimsen, Chris Jordan, Dilara Mayer, Niko Michalowski, Jana Miosga, Michelle Niewiadomski, Marvin Nowack, Simon Poetzsch, Frederike Preissner, Frederic Schattauer, Vanessa Schattauer, Frederik Schmidt, Katharina Schröder, Lasse Steinberg, Julia Till, Katrin Topko, Freia Westphalen, Anna Zatzkowski
Inschrift:
HIER WOHNTE
STANISLAUS PADE
JG. 1921
ZWANGSARBEIT
VERHAFTET
WEGEN HANDEL MIT
BROTMARKEN
U-HAFT HAMBURG
HINGERICHTET 5.2.1943
eingestellt von Rudi Arendt