Ro­bert Ram­cke – Orts­grup­pen­lei­ter der NS­DAP 1932 – 1933

ehemaliger Hof von Robert Ramcke, Pinneberger Straße Nr. 20, Quickborn 2007 (Foto: Jörg Penning)
22. Fe­bru­ar 1933
Pin­ne­ber­ger Stra­ße 20, Quick­born

Ro­bert Ram­cke wur­de am 17. Mai 1906 in Quick­born ge­bo­ren und be­trieb als Land­wirt den von sei­nem Va­ter über­nom­me­nen Bau­ern­hof in der Pin­ne­ber­ger Stra­ße Nr. 20.[1] Mit 23 Jah­ren wur­de er An­fang 1930 mit der Mit­glieds-Num­mer 180376 in die NS­DAP auf­ge­nom­men.[2] Sei­ne Be­weg­grün­de des Bei­tritts in die NS­DAP re­du­zier­te Ram­cke wie vie­le an­de­re Na­tio­nal­so­zia­lis­ten im Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ver­fah­ren in der Nach­kriegs­zeit auf so­zia­le As­pek­te: „Ich bin der Partei beigetreten, weil die wirtschaftliche Lage für uns Bauern in den Jahren 1931 – 1933 so katastrophal war, dass wir keinen Ausweg mehr sahen. Für die Milch bekamen wir 8 oder 9 Pfg. Dementsprechend lagen die Preise für die übrigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Folge war, dass die meisten Betriebe sehr grosse Not litten und ein Hof nach dem anderen zur Zwangsversteigerung kam.[3] 1932 über­nahm er als jun­ger Mann von dem Ge­flü­gel­züch­ter Wal­ter Ohl­wei­ler das Amt des Orts­grup­pen­füh­rers der NS­DAP Quick­born[4], das er je­doch kurz nach der Macht­über­nah­me der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten im Fe­bru­ar 1933 an den Zahn­arzt Karl Schäf­fer wie­der ab­gab. Das Quick­born-Has­lo­her Ta­ge­blatt be­rich­te­te über die Be­weg­grün­de: „Herr Ramcke, der sich um das Gedeihen der Ortsgruppe große Verdienste erworben hat, wurde durch die Uebernahme des Hofes seines Vaters zu diesem Schritt gezwungen. Die Verwaltung des Hofes nimmt in der heutigen Zeit seine ganze Kraft in Anspruch, wodurch es ihm unmöglich gemacht ist, die vielen schriftlichen und sonstigen Arbeiten als Ortsgruppenleiter zu erledigen.[5]

1933 kan­di­dier­te er für die „Na­tio­na­le Ein­heits­lis­te“ zur Kom­mu­nal­wahl[6] und wur­de im März 1933 von der Ge­mein­de­ver­tre­tung zum stell­ver­tre­ten­den Ge­mein­de­vor­ste­her be­stimmt.[7] In die­sem Amt soll­te er aber nicht lan­ge blei­ben. Ur­säch­lich hier­für war eine Par­tei­ver­samm­lung der NS­DAP am 31. März 1933, auf der Ram­cke ge­gen die „Bonzen und Cliquenwirtschaft“ im Ort agi­tier­te.[8] Ge­meint wa­ren hier­mit Amts­trä­ger, ins­be­son­de­re der Ge­mein­de­vor­ste­her Döl­ling, die auch nach der Macht­über­nah­me der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten noch in ih­ren Funk­tio­nen blie­ben. Er er­reich­te un­ter den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten die An­nah­me ei­nes An­trags, wo­nach dem Ge­mein­de­vor­ste­her auf­grund der fi­nan­zi­el­len Not­la­ge der Ge­mein­de die Be­zü­ge zu kür­zen sei­en.[9] Für an­de­re füh­ren­de Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ging das for­sche Vor­ge­hen ih­res „Par­tei­ge­nos­sen“ zu weit. Sie führ­ten in ei­nem Schrei­ben vom 30.07.1933 hier­zu aus: „Unser Pg. Ramcke hat sich in der kurzen Zeit seiner Tätigkeit in Widerspruch gesetzt zu allen Mitgliedern unserer Fraktion. Eine Zusammenarbeit würde uns nur Schaden bringen und liegt nicht im Interesse der Partei. Dazu kommt seine gehässige Einstellung zum Gemeindevorsteher, mit dem Ramcke nie gemeinschaftlich arbeiten wird. Dieser Zustand ist für unsere Partei und auch für die Gemeinde untragbar. Um unliebsame Zwischenfälle zu vermeiden und ein reibungsloses Arbeiten der Fraktion innerhalb der Gemeindevertretung zu gewährleisten, ist die Entfernung des Pg. Ramcke dringens erforderlich.[10] Ro­bert Ram­cke nahm an­schlie­ßend kei­ne füh­ren­den Po­si­tio­nen mehr ein, blieb aber wei­ter­hin Mit­glied der NS­DAP. In sei­nem Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ver­fah­ren nutz­te er die­sen Vor­gang, um sich als Na­zi­geg­ner da­zu­stel­len. So schrieb er in der Nach­kriegs­zeit: „Sehr bald stellte ich allerdings fest, dass ich mich in allen Erwartungen schwer getäuscht sah. (…) Der Einzelne war gar nichts, sondern nur ein willenloses Werkzeug in der Hand übergeordneter Führer. Dazu sah ich sehr bald, dass eine grenzenlose Bonzen- und Cliquenwirtschaft auftrat. Es war also genau das Gegenteil eingetreten von dem, was man uns vor 1933 so schön und vielversprechend erzählt hatte. Auf einer Parteiversammlung im April 1933 im Holsteinischen Hof in Quickborn ergriff ich deshalb öffentlich das Wort und machte in dieser Versammlung meine Bedenken öffentlich geltend. (…) Ich war vorher bereits zum stellvertretenden Bürgermeister ausersehen worden. Nachdem ich aber so offen meine Kritik kundgetan hatte, war ich selbstverständlich für die Partei nicht mehr tragbar und wurde daher nur noch als Parteigenosse geduldet.[11] Der Leh­rer Max Frau­en, selbst ehe­ma­li­ges NS­DAP-Mit­glied, stell­te Ro­bert Ram­cke noch ein deut­li­che­ren „Per­sil­schein“ aus: „Mir ist im einzelnen bekannt, dass Herr Ramcke vor der Machtübernahme durch die NSDAP. zwar auf Seiten des Nationalsozialismus stand, dass er aber schon bald nach der Machtergreifung ein überzeugter Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung wurde. Herr Ramcke ist zweifellos zu dieser Gegnerschaft nicht nur aus politischen Erwägungen, sondern auch aus religiösen Gründen geführt worden, da er einem betont christlichen Hause entstammte und selbst überzeugter Christ ist.[12] In ei­nem Schrei­ben an den Land­rat vom 27.08.1933 äu­ßer­te sich Ram­cke hin­sicht­lich sei­ner Ab­set­zung als stell­ver­tre­ten­der Ge­mein­de­vor­ste­her je­doch noch ganz an­ders: „Die Verfügung Ihrerseits ist für mich in der Öffentlichkeit von Quickborn eine Ehrenangelegenheit und da ich mir privat noch politisch nicht der geringsten Verfehlung bewusst bin, habe ich als deutscher Volksgenosse und alter Nationalsozialist doch wohl zum mindesten das Recht die Begründung der Absage zu erfahren.[13]
Ro­bert Ram­cke starb 1969 mit 63 Jah­ren.

Veröffentlicht von Jörg Penning am

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