Salomon Bondy war ein bedeutender Grundbesitzer mit einem ca. 50 ha umfassenden Immobilienbesitz vor allem in Lurup und Eidelstedt, darunter am Friedrichshulder Weg, aber auch in Garstedt (heute Norderstedt). Diese Immobilien gehörten zu einem Luruper Anwesen und waren somit im Luruper Grundbuch verzeichnet, gehörten gemäß eines Schreibens des Pinneberger Bauamtes von 1952 zum Kreis Pinneberg.[1]
Salomon Bondy war Mitglied der Hochdeutschen Israeliten Gemeinde Altona. Der am 18.05.1856 geborene Salomon Bondy war als junger Mann aus Goltsch in Böhmen nach Hamburg gekommen. 1888 beantragte er in der Hansestadt eine Gewerbeerlaubnis. Er war Kaufmann und führte mit seiner Firma ‚S. Bondy Waren – Kommission‘ ein erfolgreiches Kommissionsgeschäft für Importzucker aus Brasilien und Mineralöle in der Kleinen Reichenstraße 17- 19 nahe dem Hamburger Hafen. Am 12.12.1902 erwarb er auf eigenen Antrag das Hamburgische Bürgerrecht. Der liberale Freidenker Salomon Bondy, der sich selbst in Siegfried umbenannte, heiratete die ebenfalls aus Böhmen stammende Mary Lauer. Das Ehepaar hatte fünf Kinder: Max Bondy, geboren 1892, Nelly Bondy, geboren 1893, die 1894 geborenen Zwillinge Curt Werner Bondy und Walter Karl Bondy und Herbert Fritz Bondy, geboren 1902.
Der Sohn Walter Karl Bondy fiel 1916 im 1. Weltkrieg in Siebenbürgen. Der Sohn Herbert Fritz Bondy arbeitete als Chemiker in England, er verstarb 1972. Die Kinder Salomon Bondys waren wie ihre Eltern sehr interessiert an kulturellen, vor allem aber an sozialwissenschaftlichen, an pädagogischen und psychologischen Zusammenhängen. Die Familie zog von der Hamburger Innenstadt um nach Othmarschen in die Jungmannstraße, die von den jüdischen Architekten Hans und Oskar Gerson errichteten Villengebäude sind heute unter Denkmalschutz stehende Zeugnisse des Backsteinbaustils der Hamburger Schule.
Max Bondy war zusammen mit seiner Frau Gertrud einer der Pioniere der Reformschulbewegung in Deutschland, sie gründeten 1923 die Reformschule in Marienau/Kreis Dahlenburg in Niedersachsen. Curt Bondy war Professor der Psychologie, Schüler von Wilhelm Stern, hatte Lehraufträge in Hamburg und Göttingen. Nelly Bondy heiratete den Hamburger Rechtsanwalt Manfred Zadik. Nach dem Tod Salomon Bondys 1932 gehörten die Geschwister und ihre Ehepartner gemeinsam mit ihrem in England lebenden Bruder Fritz zur Erbengemeinschaft Salomon Bondys.
Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten begannen mit dem Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933 die Repressalien gegen die Mitglieder der Erbengemeinschaft.
Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 verlor Curt Bondy seine Professur in Göttingen, Manfred Zadik erteilten die Nationalsozialistischen Behörden, wie allen jüdischen Rechtsanwälten, zum 30. November 1938 Berufsverbot. 1937 verbot die Gestapo Max und Gertrud Bondy, die Schule Marienau weiterhin zu betreiben. Sie flohen über die Schweiz in die USA. Manfred und Nelly Zadik flohen über Guatemala in die USA. Curt Bondy gründete im Auftrag der Reichsvertretung deutscher Juden in Groß-Breesen ein Schulungszentrum für jüdische Jugendliche. Groß-Breesen gehörte damit zu den vielen Formen des jüdischen Widerstands gegen die Nationalsozialisten. Zusammen mit seinen Schülern wurde er nach Buchenwald deportiert. Internationaler Protest von Kulturschaffenden weltweit führten zu seiner Befreiung, er konnte nach England fliehen und dann in die USA.
Das gesamte Vermögen der Erbengemeinschaft, darunter auch die etwa 50 ha Immobilienbesitz in Altona und Pinneberg, beschlagnahmten und enteigneten die nationalsozialistische Behörden. Bis 1938 verkaufte die Erbengemeinschaft zahlreiche Immobilien weit unter Wert, erfolgt unter dem Druck der sich stetig verschärfenden staatlichen Verfolgung und der existentiellen Bedrohung.
Ab April 1939 erhielten alle Polizeidienststellen, die Gestapo und die Steuerfahndungsstellen Meldung über die Familien Bondy und Zadik. Damit waren die Familien im gesamten Deutschen Reich der Personenfahndung ausgesetzt, sie verloren damit das freie Aufenthaltsbestimmungsrecht. Die Behörden gaben an, sie hätten Kenntnis darüber erhalten, dass die Familien auswandern wollten, und beschlagnahmten alle Vermögenswerte. Zunächst erhielt Manfred Zadik eine sogenannte ‚Sicherungsanordnung. ‘ Das betraf auch den Immobilienbesitz. die Immobilien der Erbengemeinschaft Bondy fielen an die Hamburger Grundstücks-Verwaltungsgesellschaft von 1938 mbH. 1940 erhielt die Hansestadt Hamburg 18 ha, weitere 18 ha der Luruper Ortsbauernführer Hinrich Ladiges, darunter auch die Immobilien in Garstedt. [2]
Das Geld für die verkauften Grundstücke ging auf ein Sperrkonto der Devisenstelle, hinzu kamen Steuern und Sonderabgaben wie die Judenvermögensabgabe. Die Familien Bondy und Zadik hatten keinerlei Vermögen mehr, als sie über die Schweiz oder Guatemala in die USA emigrierten.
In den 1950er Jahren führte der Rechtsanwalt Herbert Pardo langjährige Verhandlungen über Entschädigungszahlungen mit den Ämtern für Wiedergutmachung in Hamburg und Itzehoe. Die Behörden bewilligten Entschädigungszahlungen für den Schaden am beruflichen Fortkommen, für die 50 ha Immobilien kam es 1959 zu einem Wiedergutmachungsbeschluss von 5291 DM. Die Hamburger Widergutmachungsbehörde hatte gegen einen wesentlich höheren Vergleich von 1952 mit dem Altonaer Magistrat Widerspruch eingelegt mit dem Argument, die relevanten Akten seien verschollen. Die Wiedergutmachungsbehörde in Itzehoe betrachtete sich als nicht zuständig und reichte die Akten über die Immobilien in Garstedt nach Hamburg weiter. [3]
Max und Gertrud Bondy versuchten nach dem Krieg vergeblich, ihre geliebte Schule in Marienau zurückzubekommen. Da sie mittlerweile US-Bürger geworden waren, war ihnen der Besitz von Immobilien in Deutschland verwehrt. Sie gründeten in den USA eine neue Reformschule, die Windsor Mountain School. Max Bondy verstarb 1951. Curt Bondy übernahm nach 1945 die Leitung der Fakultät für Psychologie an der Hamburger Universität. Er war unter anderem Mitbegründer der Erziehungsberatungsstellen in Deutschland. Curt Bondy verstarb 1972. Manfred Zadik wurde Rechtsanwalt in den USA. Er verstarb 1965, seine Frau Nelly 1978.
Lurup und Eidelstedt waren bis 1924 Dörfer des Kreises Pinneberg, im Zuge einer Gebietsreform kamen sie danach zu Altonaer. Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 wandelten sich auch Lurup und Eidelstedt in Hamburger Stadtteile. Sie sind nicht nur historisch immer noch eng mit dem Kreis Pinneberg verbunden.
Literaturhinweis: Anke Schulz, Luruper Immobilien der Erbengemeinschaft Salomon Bondys – Dokumente einer Enteignung im Nazi – Deutschland. Norderstedt, 2013
Primärquellen:
Staatsarchiv Hamburg 351-11 14401
Landesarchiv Schleswig Abt. 352 Kiel Nr. 6132