An­ti­se­mi­tis­mus: Aus­schal­tung und „Ari­sie­rung“ der Fir­ma Max Mey­er und das Par­tei­auss­schluß­ver­fah­ren ge­gen Ge­schäfts­part­ner Paul Hel­ler

Schulstraße 27. Hier eröffnete Max Meyer 1880 sein erstes Geschäft. 1938 wurde es bei der "Arisierung" von Johannes Bramstedt weit unter Wert gekauft. Bild: R.Arendt
Geschäftseröffnung Max Meyer in Elmshorn 1880. Bild: Harald Kirschninck in: Was können uns die Gräber erzählen?
"Ein Widerruf in Sachen der Fa. Max Meyer kommt für mich nicht in Frage" Dokument Paul Heller. LaSH Abt. 460.9 Nr. 109
Der Grabstein von Max Meyer auf dem jüdischen Friedhof in Elmshorn. Inschrift auf hebräisch: Hier ist begraben ein aufrechter Mann und Vorsteher, Herr Meir, Sohn des Jehuda, verschieden am 7. Tag des Elul 687 der kleinen Zählung und begraben am 9. Tag desselben. Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens. Bild: Harald Kirschninck
2. Ja­nu­ar 1939
Schul­stra­ße 27, 25335 Elms­horn

Die Hin­weis­ta­fel „Ver­fol­gung in Elms­horn“ am Rat­haus weist auf die „Ari­sie­rung“ Elms­hor­ner Ge­schäf­te und Un­ter­neh­men durch den NS-Staat hin.

Ab Ja­nu­ar 1933 be­gann über­all die Ver­fol­gung, Miss­hand­lung und Ver­nich­tung von Men­schen aus po­li­ti­schen, ras­si­schen, re­li­giö­sen  und ideo­lo­gi­schen Grün­den durch den NS-Staat. Auch in Elms­horn.

Die Bü­ro­ma­te­ria­li­en- und Pa­pier-Groß­hand­lung des jü­di­schen Elms­hor­ner Bür­gers Max Mey­er wur­de 1938 „ari­siert“. „Ari­sie­rung“ war die „Über­tra­gung“ von jü­di­schem Be­sitz für eine Geld­sum­me weit un­ter dem Wert an nicht­jü­di­sche, „ari­sche“ Bür­ger. 1936 bis 1938 wur­den alle jü­di­schen Häu­ser und Ge­schäf­te „ari­siert“ und da­mit die Be­sit­zen­den ent­eig­net. Die Ju­den, de­nen nicht die Flucht ins Aus­land ge­lang, wur­den in Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger de­por­tiert. Fast alle ka­men dort ums Le­ben.

Im Fol­gen­den wird der Druck durch ge­gen­sei­ti­ge De­nun­zia­ti­on und mit­tels ei­nes NS­DAP-Par­tei­aus­schluss­ver­fah­rens bei der Dis­kri­mi­nie­rung jü­di­scher Ge­schäfts­leu­te, hier die Fir­ma Max Mey­er, ge­schil­dert.

 

Der Boy­kott am 1. April 1933 – Ver­drän­gung aus dem Ge­schäfts­le­ben mit ras­sis­ti­scher Het­ze

Der Boy­kott vom 1. April 1933 bil­de­te den Auf­takt der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ge­gen die jü­di­schen Ge­schäfts­leu­te. Über den Ver­lauf die­ses Ta­ges be­rich­ten die Elms­hor­ner Nach­rich­ten: „Der Abwehrkampf gegen die Greuelhetze in Elmshorn. ´Keinen Pfennig für die Juden!´. Schon von 8 Uhr sah man Streifen der SA und SS in der Stadt. Um 10 Uhr standen die Posten der SS vor den jüdischen Geschäften. An den Schaufenstern prangten gelbe Zettel mit der Aufschrift ´Jude´.  In Elmshorn wurden folgende Geschäfte von dem Boykott betroffen: Produktion mit ihren sämtlichen Geschäftsstellen, Irma Rosenberg, Königstraße, Max Meyer, Schulstraße, und die ´Epa´… Die Leitung der Säuberungsaktion hatte der kommissarische Bürgermeister Herr Rechtsanwalt Spieler. – Auch das Abwehrkommitee gegen jüdische Greuel- und Boykotthetze unter der Führung des SS-Führers Herrn W-. Grezesch fuhr zur Kontrolle mit einem Auto die Straßen ab.“[1]

Der Ma­gis­trat der Stadt Elms­horn be­schloß drei Wo­chen spä­ter, am 19. April 1933, Auf­trä­ge der Stadt in Zu­kunft nur noch an sol­che Fir­men zu ver­ge­ben, die ih­ren „Be­darf nicht durch jü­di­sche oder mar­xis­ti­sche Fir­men deck­ten“. Die Ge­schäfts­leu­te hat­ten sich hier­zu schrift­lich zu ver­pflich­ten. [2]

Seit 1935 wur­de die Aus­schal­tung der Men­schen jü­di­schen Glau­bens aus dem Wirt­schafts­le­ben stär­ker vor­an­ge­trie­ben. Ob­wohl in Elms­horn über­all Schil­der mit Auf­schrif­ten wie „Deut­sches Ge­schäft“ oder „Kauft nicht bei Ju­den“ und auch ein Stür­mer­kas­ten Ecke Markt­stra­ße/​Flam­weg[3]   auf­ge­stellt wa­ren, wur­den die­se nicht in dem Maße be­ach­tet, wie es sich die Na­zis wünsch­ten. In den „Po­li­ti­schen La­ge­be­rich­ten“ der Kie­ler Staats­po­li­zei­stel­le für den Re­gie­rungs­be­zirk Schles­wig, die für ganz Schles­wig-Hol­stein gal­ten, klag­te die­se über die „Un­be­lehr­bar­keit der christ­li­chen Be­völ­ke­rung, nicht beim Ju­den zu kau­fen.“[4]

Die­se Kla­ge war denn auch am 18. April 1935 bei ei­nem Ap­pell der NS-For­ma­tio­nen an­läß­lich des 10. Jah­res­ta­ges der brau­nen Be­we­gung in Elms­horn auf dem Ver­samm­lungs­platz der Adolf-Hit­ler-Schu­le von Orts­grup­pen­lei­ter Mohr zu hö­ren: Es sei beschämend, dass Leute die das Braunhemd trügen, Juden in ihren Betrieben beschäftigten. Und er drohte solchen SA-Männern das Braunhemd vom Leibe zu reißen. Ihre Handlungsweise sei Treuebruch und Verrat an der Bewegung. Die Verankerung der Idee des Führers müsse in jeder Organisation so fest sein, dass derartige Verfehlungen nicht mehr in den Reihen der SA vorkommen könnten. Und: solange eine Mehrheit des Volkes diesen jüdischen Parasiten ihr Geld in die Geschäfte bringe, werde eine Minderheit auch mit Gewalt nichts ausrichten können. Auch die Presse habe die Verpflichtung in den Kampf gegen die Juden einzugreifen.

 Hier tra­ten die Schwie­rig­kei­ten deut­lich zu­ta­ge, die die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten nicht nur in der Be­völ­ke­rung, son­dern auch in den ei­ge­nen Rei­hen hat­ten.[5]   

 

De­nun­zia­tio­nen im brau­nen Mi­lieu und ein Pseu­do­ge­richts­ver­fah­ren zur Durch­set­zung der NS-Ideo­lo­gie

Zu die­sem Zeit­punkt fand ge­ra­de ein Par­tei­aus­schluss­ver­fah­ren ge­gen den SA-Ober­schar­füh­rer und Mit­in­ha­ber der Mar­ga­ri­ne- und Spei­se­fet­te­fa­brik Wet­klo & Co., Paul Hel­ler statt. Ein Ver­fah­ren das sich über zwei Jah­re vom Kreis­ge­richt in Pin­ne­berg bis zum obers­ten Par­tei­ge­richt der NS­DAP (OPG) in Mün­chen er­streck­te. Das OPG war aus dem Un­ter­su­chungs- und Schlich­tungs­aus­schuss (USch­lA) am 1. Ja­nu­ar 1934 ent­stan­den, zu­stän­dig für Ver­fah­ren we­gen par­tei­schä­di­gen­den Ver­hal­tens und Eh­ren­schutz­ver­fah­ren ge­gen Par­tei­mit­glie­der vom Reichs­haupt­amts­lei­ter, stell­ver­tre­ten­den Gau­lei­ter und ent­spre­chen­den Dienst­rän­gen an auf­wärts so­wie für Ver­fah­ren von be­son­de­rer Be­deu­tung und Be­schwer­de­stel­le ge­gen Ent­schei­dun­gen der Gau­ge­rich­te.

Die­ses so­ge­nann­te „Gau­ge­richts­ver­fah­ren“ durch meh­re­re In­stan­zen hat­te zu ent­schei­den, ob eine NDSAP-Mit­glied­schaft bei Nicht­be­ach­tung der NS-ideo­lo­gi­schen Zie­le – hier die Ausch­al­tung der jü­di­schen Mit­bür­ger aus dem Wirt­schafts­le­ben –  ab­zu­er­ken­nen sei.

Hel­ler, NS­DAP-Mit­glied seit 1931, er­hielt am 30. März ein Schrei­ben des NS­DAP-Orts­grup­pen­lei­ters Hans Let­je:   „Wie fest­ge­stellt wor­den ist, tä­tigt die Fir­ma Wet­klo & Co, de­ren Mit­in­ha­ber Sie sind, Ihre Ein­käu­fe in Büro- und Pack­ma­te­ri­al bei der Ju­den­fir­ma Max Mey­er in Elms­horn. Es ist mir un­ver­ständ­lich, daß sie als Par­tei­ge­nos­se der­ar­ti­ges dul­den. Ich er­war­te Ihre Stel­lung­nah­me bis zum 5. April.“[6]

Schwie­rig­kei­ten be­rei­te­te auch das ge­gen­sei­ti­ge De­nun­zi­an­ten­tum, als Let­je auf ei­ner Orts­grup­pen­ver­samm­lung im Ok­to­ber 1935 aus­rief: „Das Gerüchtemachen sei nach wie vor in Elmshorn beliebt. So habe kürzlich jemand behauptet, die Stadtverwaltung Elmshorn habe bei dem Juden Max Meyer eine Schreibmaschine gekauft. Das sei ein so schwerer Vorwurf, der wenn er zu Recht bestände, zur Folge haben müsste, dass die verantwortlichen Männer sofort von ihren Posten abberufen würden, weil sie dann gegen die elementarsten Grundsätze der nationalsozialistischen Bewegung verstoßen hätten. An dem Gewäsch sei selbstverständlich kein wahres Wort. Die Gerüchtemacher aber werde man unnachsichtig zur Verantwortung ziehen.“ [7]   

Im Ver­lauf des Par­tei­aus­schluss­ver­fah­rens ge­gen Paul Hel­ler wur­de nach ei­nem Ver­weis durch das Kreis­ge­richt Pin­ne­berg der Ton schär­fer. So ur­teil­te nach ei­nem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren beim Gau­ge­richt Kiel die obers­te In­stanz in Mün­chen: Durch das vom Gau­ge­richt an­ge­for­der­te Gut­ach­ten des Reichs­wirt­schafts­be­ra­ters sei er­wie­sen, dass in der Pro­vinz Schles­wig-Hol­stein nicht we­ni­ger als 10 ari­sche Fir­men der Pa­pier­bran­che vor­han­den sei­en. Der An­ge­schul­dig­te hät­te also ge­nü­gend Ge­le­gen­heit ge­habt, mit ari­schen Fir­men in Ver­bin­dung zu tre­ten. Im üb­ri­gen sei ihm ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass er nicht nur den an­geb­lich so preis­wer­ten Pa­pier­be­darf, son­dern auch den gröss­ten Teil der be­nö­tig­ten Bü­rou­ten­si­li­en von der „Judenfirma bezogen und den Juden Rosenberg als Vertreter“ be­schäf­tigt habe. Der An­ge­schul­dig­te habe sich „eines schweren Satzungsverstosses schuldig gemacht. Anstatt das Judentum, wie es seine Pflicht als Parteigenosse gewesen wäre, nach Kräften zu bekämpfen, hat der Angeschuldigte mit Juden zusammengearbeitet und arischen Volksgenossen Verdienstmöglichkeiten entzogen.“Er habe zu­dem „in höchstem Maße parteischädigend gewirkt, weil seine Beziehungen zu den Juden in Elmshorn jedermann bekannt waren und Anstoss erregt“ hät­ten. Je­dem müs­se Zwei­fel am Na­tio­nal­so­zia­lis­mus kom­men, wenn er sähe, dass ein äl­te­rer Par­tei­ge­nos­se, der sich nach au­ßen zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus be­kennt, „mit Juden Hand in Hand arbeitet.“ Ein sol­cher Par­tei­ge­nos­se scha­de dem An­se­hen der Par­tei aus­ser­or­dent­lich, da aus dem Ver­hal­ten des ein­zel­nen Par­tei­mit­glie­des auf die Par­tei selbst Rück­schlüs­se ge­zo­gen wür­den. Hin­zu käme noch ein wei­te­rer schwe­rer Ver­stosss ge­gen die Sat­zung. Der An­ge­schul­dig­te habe über die Zeit sei­ner Frei­mau­rer­lo­gen­zu­ge­hö­rig­keit und über sei­ne Stel­lung in die­ser fal­sche An­ga­ben ge­macht.[8]

Da­mit hat­ten die Ver­su­che des Paul Hel­ler, sich in dem Ver­fah­ren als be­son­ders vor­bild­li­cher Par­tei­ge­nos­se dar­zu­stel­len, der sich mit ra­tio­na­len Be­grün­dun­gen für sei­ne Ge­schäfts­be­zie­hun­gen zu dem Pa­pier­han­del Mey­er zu ver­tei­di­gen ver­such­te, kei­nen Er­folg. Mit dem Ur­teil des obers­ten Par­tei­ge­rich­tes der NS­DAP vom 17.9.1937 wur­de der Par­tei­aus­schluss Hel­lers durch das Kie­ler Gau­ge­richt be­stä­tigt.

Drei Jah­re spä­ter muss­te sei­ne Mar­ga­ri­ne- und Kunstsprei­se­fet­te­fa­brik schlie­ßen.

 

Max Mey­er – ein an­ge­se­he­ner Mit­bür­ger Elms­horns

Ha­rald Kir­sch­ninck schreibt: Max Mey­er war ein sehr an­ge­se­he­ner Mit­bür­ger Elms­horns und ein hoch­ge­schätz­tes Mit­glied der Ge­mein­de. 1882 fin­det man ihn im Wahl­män­ner-Ver­zeich­nis Elms­horns. Er war bis zu sei­nem Tode 30 Jah­re lang un­un­ter­bro­chen im Ge­mein­de­vor­stand, 1901 – 1912 im Ver­bands­aus­schuß des „Ver­ban­des der jü­di­schen Ge­mein­den Schles­wig-Hol­steins“, Mit­glied der Fried­hofs­kom­miss­si­on und 1913 im Aus­schuß für Ur­nen­be­stat­tung. 1925 ver­tritt Max Mey­er die Ge­mein­de im Ver­bands­aus­schuß des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ge­mein­de­tags. Max Mey­er präg­te auch das „Rote Kreuz“ in Elms­horn, dem er 34 Jah­re an­ge­hört hat­te. Er war Eh­ren­mit­glied in sei­nem Ge­sangs­ver­ein „Con­cor­dia“, bei dem er 30 Jah­re lang Mit­glied war. Er wur­de am 16. 8.1853 als Sohn des Händ­lers Lou­is (=Levy?) Mey­er und Ber­tha, geb. Heyne­mann in Hal­ber­stadt ge­bo­ren. Am 6. 6. 1882 hei­ra­te­te er Bet­ty Wul­ff aus Nest­red/​Dä­ne­mark, mit der er vier Kin­der be­kam: John Mey­er (1883), Her­mann Mey­er (1884), Ber­tha (1894) und Emma Mey­er (1899).

Max Mey­er muß um 1880 nach Elms­horn ge­kom­men sein. Er er­öff­ne­te im April 1880 in der Schul­stras­se ein Gar­di­nen- und Tuch­ge­schäft. In den EN stand am 24.4.1880:

  1. Meyer Schulstrasse Geschäftseröffnung Manufactur-Filialgeschäft Gardinen, Tücher etc. Weitere Geschäfte in Altona, Ottensen

An­zei­ge EN 24.4.1880

Im Jahr 1881 än­dert er sein Sor­ti­ment und ver­legt am 1.5.1882 sein Pa­pier-, Schreib- und Zi­gar­ren­han­del in die Markt­str. 21.

Max Mey­er war sehr re­li­gi­ös. Er woll­te es auch sei­nen Kin­dern mit­ge­ben und so such­te er 1913 für sei­ne Toch­ter Ber­tha Mey­er eine Stel­le in ei­nem ri­tu­el­len Haus­halt mit Fa­mi­li­en­an­schluß. Am 4.9.1927 starb Max mit 74 Jah­ren an Ma­gen­krebs. Es er­schie­nen eine Rei­he von To­des­an­zei­gen in den „Elms­hor­ner Nach­rich­ten“, so von der Lie­der­ta­fel „Con­cor­dia“, dem „Ro­ten Kreuz“, der Jü­di­schen Ge­mein­de und von der Fa­mi­lie. Die Be­er­di­gung fand am 6.9.1927 statt.

 

Die so­ge­nann­te „Ari­sie­rung“ der Fir­ma Max Mey­er durch Jo­han­nes Bramstedt

Die Fir­ma wur­de von dem äl­tes­ten Sohn John Mey­er wei­ter­ge­führt. Im Jah­re 1938 wur­de die Fir­ma von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten dann „ari­siert“. Die jü­di­schen Be­sit­zer hat­ten ihre Ge­schäf­te für ei­nen nied­ri­gen fest­ge­setz­ten Preis an „ari­sche“ Per­so­nen zu ver­kau­fen. Der Ver­kaufs­preis wur­de auf ein Sperr­kon­to ge­legt, von dem die Ver­käu­fer jede Wo­che ei­nen fest­ge­leg­ten Be­trag für die Le­bens­kos­ten ab­he­ben durf­ten. Bei ei­ner Aus­wan­de­rung oder bei spä­te­ren De­por­ta­tio­nen wur­de das Kon­to und der üb­ri­ge Be­sitz vom Deut­schen Reich ein­ge­zo­gen.

Wie groß das An­se­hen von Max Mey­er in der Elms­hor­ner Be­völ­ke­rung war, zeig­te sich z. B. auch bei der „Ge­schäfts­über­nah­me“ durch den Pa­pier­han­del Bramstedt. Der neue Be­sit­zer führ­te das Ge­schäft 1939 un­ter dem Na­men des jü­di­schen Grün­ders wei­ter und hielt da­mit auch die Er­in­ne­rung an den Ju­den Max Mey­er in der Be­völ­ke­rung wach. Es er­schien in den EN fol­gen­de An­zei­ge am 2.1.1939:

„Ge­schäfts­über­nah­me. Ich gebe hier­mit be­kannt, daß ich die Pa­pier- und Bü­ro­be­darfs-Hand­lung Max Mey­er, Elms­horn, Adolf-Hit­ler­stras­se 27, ge­kauft habe – und daß die­ses Ge­schäft da­mit ein ari­sches Un­ter­neh­men ge­wor­den ist. Die Fir­ma lau­tet zu­künf­tig: Max Mey­er In­ha­ber Jo­han­nes Bramstedt Elms­horn

Er­fah­re­ne Fach­leu­te so­wie ein gro­ßes und viel­sei­ti­ges Wa­ren­la­ger bür­gen da­für, daß alle Wün­sche der Kund­schaft gut und schnell er­füllt wer­den. Ich bit­te um ver­trau­ens­vol­len Zu­spruch Jo­han­nes Bramstedt“ EN v., 2.1.1939 [9]

 

Der Zug ohne Wie­der­kehr

Ha­rald Kir­sch­ninck schreibt im Jah­re 2017: An­ders als bis­her be­kannt, sind von den Ju­den, die in Elms­horn ge­bo­ren sind, zeit­wei­se oder auch stän­dig leb­ten, nicht 21, son­dern mehr als dop­pelt so viel, näm­lich 43 Per­so­nen de­por­tiert wor­den. Hier­von ver­schlepp­ten die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten nach Fuhls­büt­tel 1, Ausch­witz 7, Ber­gen-Bel­sen 1, Traw­ni­ki 1, Lodz (Litz­mann­stadt) 2, Minsk 6, Riga 6, War­schau­er Ghet­to 1 und The­re­si­en­stadt 17 jü­di­sche Men­schen. Al­bert Hirsch nahm sich das Le­ben in Ham­burg-Ohls­dorf. Von den ver­schlepp­ten Mit­bür­gern ha­ben nur vier Per­so­nen über­lebt:

Ge­rald Ad­ler, Max Ha­sen­berg, Her­ta He­lisch­kow­ski und Min­ni Pe­ter­sen. Die an­de­ren wur­den in den ver­schie­de­nen La­gern er­mor­det oder ka­men un­ter den ent­setz­li­chen Be­din­gun­gen ums Le­ben.[10]

[1] Elms­hor­ner Nach­rich­ten v. 1.4.1933 in: Ha­rald Kir­sch­ninck „Die Ju­den in Elms­horn wäh­rend des Drit­ten Rei­ches“ aus: „Die Frei­heit lebt!“ Fritz Bring­mann, Her­bert Diercks hrsg. VVN/​BdA Schles­wig-Hol­stein, 1983

[2] Pro­to­kol­le des Ma­gis­trats. Die­ser Be­schluß wur­de am 6. Au­gust 1935 wie­der­holt. Stadt­ar­chiv Elms­horn. In: Ha­rald Kir­sch­ninck „Ju­den in Elms­horn Teil 1“, Bei­trä­ge zur Elms­hor­ner Ge­schich­te Bd. 9 , 1996

[3] Aus­sa­ge Ru­dolf Op­pen­heim. In:  Ha­rald Kir­sch­ninck „Die Ju­den in Elms­horn wäh­rend des Drit­ten Rei­ches“ aus: „Die Frei­heit lebt!“ Fritz Bring­mann, Her­bert Diercks hrsg. VVN/​BdA Schles­wig-Hol­stein, 1983

[4] Lan­des­ar­chiv SH: LAS 410, 290. Be­richt für Mo­nat Fe­bru­ar zit. nach: Haus­schildt, Diet­rich: Ju­den in Kiel im Drit­ten Reich. Staats­ex­amens­ar­beit. Kiel 1980

[5] EN vom 19.7.1935, zit. nach Ha­rald Kir­sch­ninck „Ju­den in Elms­horn Teil 1“, Bei­trä­ge zur Elms­hor­ner Ge­schich­te Bd. 9 , 1996

[6] Ent­na­zi­fie­rungs­ak­te Paul Hel­ler, Ab­schrift Orts­grup­pe Elms­horn an die Gau­ge­schäfts­stel­le Schles­wig-Hol­stein, Lan­des­ar­chiv SH, Abt. 460, Nr.109

[7] En vom 15.10.1935, zit. nach Ha­rald Kir­sch­ninck „Ju­den in Elms­horn Teil 1“, Bei­trä­ge zur Elms­hor­ner Ge­schich­te Bd. 9 , 1996

[8] Ur­teil des obers­ten NS­DAP-Par­tei­ge­rich­tes Mün­chen vom 17.9.1937 Bun­des­ar­chiv R9361-I/​1671, Samm­lung BDC; per­so­nen­be­zo­ge­ne Un­ter­la­gen der NS­DAP

[9] EN v., 2.1.1939, zit. nach: Ha­rald Kir­sch­ninck „Was kön­nen uns die Grä­ber er­zäh­len – Bio­gra­fi­en und Ge­schich­ten hin­ter den Grab­stei­nen des jü­di­schen Fried­hofs in Elms­horn“ Book of De­mand

[10] Ha­rald Kir­sch­ninck: „Der Zug ohne Wie­der­kehr – De­por­ta­ti­on jü­di­scher Mit­bür­ger von Elms­horn“ Sei­te 9, Books on De­mand, Nor­der­stedt 2017

 

Weiterführende Literatur von Harald Kirschninck:

Beth ha Cha­jim: Ein Be­such auf dem jü­di­schen Fried­hof Elms­horn, Books On De­mand, 2019 ISBN 10: 3741857002

Was kön­nen uns die Grä­ber er­zäh­len?  Bio­gra­fi­en und Ge­schich­ten hin­ter den Grab­stei­nen des jü­di­schen Fried­hofs in Elms­horn BD 1 und Bd 2 2019, Books On De­mand, ISBN:978-3-7494-2999-8

Ju­den in Elms­horn. Teil 1 – Dis­kri­mi­nie­rung Ver­fol­gung Ver­nich­tung, in: Stadt Elms­horn (Hg.): Bei­trä­ge zur Elms­hor­ner Ge­schich­te. Band 9. Elms­horn 1996.

Ju­den in Elms­horn. Teil 2 – Iso­lie­rung As­si­mi­lie­rung Eman­zi­pa­ti­on, in: Stadt Elms­horn (Hg.): Bei­trä­ge zur Elms­hor­ner Ge­schich­te. Band 12. Elms­horn 1999.

Der Zug ohne Wie­der­kehr : Die De­por­ta­tio­nen jü­di­scher Mit­bür­ger von Elms­horn, Ver­lag: Books On De­mand, ISBN 10: 3746030587

Die Fah­ne ist mehr als der Tod: Die Ge­schich­te der Hit­ler-Ju­gend in Elms­horn, Ver­lag: Books On De­mand, 2023 ISBN 10: 3748108958

 

 

 

 

 

Veröffentlicht von Rudi Arendt am

Kom­men­tie­ren Sie den Bei­trag

Ihre E-Mail-Adres­se wird nicht ver­öf­fent­licht. Er­for­der­li­che Fel­der sind mar­kiert **

*

Die­se Web­site ver­wen­det Akis­met, um Spam zu re­du­zie­ren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Navigiere zu
Themen
  • Arbeitslager
  • Ereignis
  • Jugend
  • Nazi-Organisation
  • Person
  • Verfolgung
  • Widerstand
  • Alle Kategorien aktivieren