Angeklagte im Offenborn-Prozess Heinrich (1902-1979) und Theodor Lohmann (1904-1970)

Theodor Lohmann in Wehrmachtsuniform. (Foto von Wolfgang Lohmann)
Ferdinand Kohrn, Heidgraben, ehemaliger Leiter der KPD-Gruppe Heidgraben/Tornesch, im Jahr 1953. (Foto von Wolfgang Lohmann)
Heinrich Lohmann (1902-1974) mit seiner Frau auf der Silberhochzeit 1953. (Foto von Wolfgang Lohmann)
19. Dezember 1934
Neuendeicher Weg 27-29, Tornesch

Bei der Gemeindevertreterwahl am 12. März 1933 wählten noch 58 Personen in Tornesch die KPD. [1] Die politische Arbeit der Partei konnte zu dieser Zeit nur noch im Untergrund fortgeführt werden. Im März und April 1933 entstanden die ersten illegalen Flugblätter. Ferdinand Kohrn, zuständig für den Bereich Tornesch/Heidgraben, sammelte in Tornesch die Gelder für die „Rote Hilfe“ ein, eine Hilfsorganisation zur Unterstützung von politischen Häftlingen und ihren Familien. Auch die Zeitung „Solidarität“ der „Roten Hilfe“ wurde vertrieben. Sie erschien 1934 viermal. [2] Bis ins Jahr 1934 wurden von zahlreichen Mitgliedern Beiträge für die Rote Hilfe gezahlt, dann setzten Massenverhaftungen ein. Die über 250 Verhafteten im Kreis Pinneberg, darunter 17 Frauen, wurden des „Hochverrats“ beschuldigt, weil sie Beiträge gezahlt, Flugblätter weitergegeben oder für die „Rote Hilfe“ gespendet hatten. Im folgenden großen Prozess – nach einem Beschuldigten „Offenborn-Prozess“ genannt – wurden auch zwei Bürger Torneschs verurteilt: Heinrich und Theodor Lohmann. [3]

Aus der Erinnerung des Sohnes Reinhold Lohmann (Jahrgang 1928) lässt sich die Verhaftung noch nachzeichnen. [4] Reinholds Vater Heinrich (1902-1979) und dessen Bruder Theodor (1904-1970) wohnten benachbart seit 1927 im neu besiedelten Moorgebiet am Neuendeicher Weg. Reinhold erinnert sich an politische Versammlungen in seinem Elternhaus. Die Verhaftung des Vaters erfolgte Mitte Dezember 1934 in der Nacht. Drei oder vier Männer der örtlichen SA und SS, darunter Richard Heer und Ortsgruppenleiter Otto Lausmann, rückten am Neuendeicher Weg 27 und 29 an, um die Brüder zu verhaften, weil sie die „Rote Hilfe“ unterstützt hatten.
Heinrich Lohmann wurde in Altona im großen Offenborn-Prozess zu 2 ½ Jahren Zuchthaus verurteilt und kam mit seinem Bruder Theodor in das KZ Esterwegen an der holländischen Grenze. Er musste harte zehn Stunden am Tag Moorgebiet urbar machen. Ein Jahr nach der Verhaftung durfte Reinholds Mutter ihren Mann zum ersten und einzigen Male besuchen. Einmal im Monat durfte der Vater schreiben.
Nach Angaben aus dem Landesarchiv in Schleswig war Heinrich Lohmann zunächst vom 19. Dezember 1934 bis 22. August 1935 verhaftet in Fuhlsbüttel und dem KZ Esterwegen. Danach wurde er entlassen und nach einem halben Jahr erneut verhaftet. Es folgten die Strafanstalten Rendsburg und Esterwegen bis zur Entlassung am 19. Dezember 1937. [5] Heinrich Lohmanns KZ-Nummer lautete 1225. Nach der Freilassung aus dem KZ Esterwegen fand Heinrich Lohmann Arbeit beim Maschinenbauwerk Starck in Uetersen. Reinhold Lohmann erinnert sich daran, dass sein Onkel und sein Vater sich jeden Tag auf der Tornescher Polizeistation melden mussten. Heinrich und Theodor Lohmann wurden bei ihrer ersten Musterung unter den Nazis für „im Frieden und im Kriege wehrunwürdig“ erklärt. Als die Wehrmacht zunehmend Rückschläge einstecken musste, wurden auch die für wehrunwürdig Erklärten Ende 1942 eingezogen. Sie kamen zum so genannten „Bewährungsbataillon 999“. Heinrich kam zum Afrikacorps, Theodor nach Russland. Beide konnten nie auf Heimaturlaub gehen. Theodor Lohmann hat nach dem Krieg beim gemeindeeigenen Bauhof gearbeitet. Heinrich Lohmann fand nach seiner Freilassung 1947 aus englischer Kriegsgefangenschaft Arbeit bei der Deutschen Werft in Hamburg.

Autorin des Beitrages: Annette Schlapkohl, Tornesch.

Veröffentlicht von Annette Schlapkohl am

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