Rechtfertigung für das Denunzieren eines Familienangehörigen

Veröffentlicht von Jörg Penning am

Am 5. Dezember 1943 schrieb der Schlossermeister Peter Hansen aus Eggebek einen Brief an Gustav Sondermann aus Hamburg-Niendorf, in dem er erläuterte, warum er seinen Neffen Jens Hansen bei der Polizei denunzierte. Der Wortlaut des Briefes:[1]

Mein Lieber Gustav!

Heute ist Sonntag, die stille Stunde, und es wird Zeit, daß ich mein Versprechen erfülle. Und wärst du nicht der lautere [unleserlich], wie ich annehme, ich hätte nicht die Zeit daran gegeben. So aber will ich einiges zu Papier bringen.

Mich treibt nicht mein Gewissen! – daß ist intakt. Im Gegenteil, ich würde mit eiskalter Gelassenheit jede Person dem Gericht übergeben, die diese abnorme Gesinnungslumperei bezeugt, wie der Herr Jens, und das als Studierter.
Dies ist mein Maßstab, ein zweites gibt es nicht: Gut ist, was uns treibt zum Sieg – fallen muß, was dem entgegenarbeitet.

Diesen verbummelten Einzelgängern stelle ich immer gegenüber die Million doch so braver Söhne und Väter, die in mehr oder minder heldischen Sterben, Abschied nahmen, von dem was doch jedem der Inbegriff ihres Lebens und ihrer Liebe war. Und wer in seiner bitteren Not, und Herzenseinfalt, nicht den Führer sah, oder das große einige Vaterland, der war doch in letzter Minute mit heißem Herzen bei denen, die ihm teuer waren. Diesem Opfergang besten deutschen Blutes, steht eine andere Million gegenüber: die Defaitisten, Heimtücker, Radiogreuelflüsterer, die Negativen, dies ganze Gesoggse mit und ohne Plattfüße, das wir lieber ausgespieen hätten, wäre nicht ihre Arbeitskraft. Mitten unter ihnen, sich schon als Oberkommissar fühlend, unser Herr Neffe. Das ist nun das Erziehungsprodukt von Fritz und Frieda [die Eltern von Jens Hansen, d. Verf.]. Wahrlich, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen! Da hat die Judenbibel mal recht. Ich wundere mich nicht. Ich kenn doch meinen Bruder durchaus, und auch Frida.

In der heutigen todernsten Zeit, erkenne ich jeden an seinen Witzen. Damit hast du Bruder Fritz in Reinkultur, politisch ein schwankendes Rohr. Und noch dazu Parteigenosse. Sonst ein überaus tüchtiger und guter Mensch, zu weichherzig.

Ihm fehlten die 4 Jahre Fronterleben im vordersten Graben. Und zur sauberen politischen Erziehung seiner Kinder fehlte ihm der innere Befehl- Und wenn beide Eltern in der Hinsicht eine [unleserlich] sind, ist das Erziehungsprodukt danach. Es sei denn, die Kinder bekämen eine glückliche Vererbung mit auf den Lebensweg.

Es ist aber doch wohl so mit Fritz, um ihm gerecht zu werden: Wenn ein zu weichherziger Vater, in der Erziehung eines Muttersöhnchens, Tag und Nacht, gegen drei Unterröcke anzukämpfen hat, dann wird er müde vor der Zeit, und überläßt die Erziehung ebendiesen Unterröcken. Da liegt die Schuld verteilt, und niemand nimmt sie ihnen ab.

Dazu der Umgang mit Gleichgesinnten verdorbener Großstadtjungen, wie sie beim jüdischen Swingtanz sich treffen. Und Fehlen des großen Erlebens, beim Arbeitsdienst und als Frontsoldat. Seht, so rundet sich das Bild eines mangels innerer Sauberkeit, frühe Gestrauchelten, der Kreis ist damit geschlossen.

Ein junger Mensch, Junge oder Mädchen, an dem die 10 oder 15 Jahre einmaliges Erleben mit unserem Führer, einfach spurlos, ohne innerer Anteilnahme vorrüberziehen.

Und wer ein Kind erahnen kann, daß wir nur obsiegen, oder verrecken könne, dem ist nicht mehr zu helfen, um den ist es aber auch nicht schade. Schon garnicht wenn er darüber hinaus Wehrmachtzersetzung und Landesverrat betreibt.

Und damit bin ich bei dem Delikt, das unsern Neffen Jens, das große Kalb, zu Fall brachte. Wenn er nicht sein Leben verwirkt hat, so kann ihn nur harte Zucht und körperliche Arbeit, wieder grade biegen, und dafür können wir dann nur dankbar sein.

Ich sprach eben vom großen Kalb, ich bin nämlich selbst in Zweifel, ob er mitunter seine fünf Sinne beisammen hat. Was Euch nicht aufgefallen ist, er war überaus wasserscheu. Und wer äußerlich nicht sauber ist! – Ich meine nicht das Sichtbare. Baden und Körperpflege waren ihm scheinbar ein Greuel. An den Füßen saßen immer prompt die Krusten als Dauerzustand.

Mir gegenüber nahm er sich zusammen, aber hinter meinem Rücken, und dritten gegenüber sprach er mit der dummdreisten Unverschämtheit, des Kommissars von morgen. So zu meiner Frau, zu Agnes in Gr. Görl, zu Alma, Helga u. Elfriede in Schleswig. Ob sie noch Heil Hitler grüßten, ich wäre ja noch so dämlich, mir wäre ja auch nicht zu helfen. Er und seine Genossen täten das schon lange nicht mehr, son Blech, darüber wären sie sich mit ihren Professoren vollkommen einig, der Krieg ginge so wie so verloren. Und wenn auch, das wäre ihnen vollkommen Wurst. Die Hamburger kämen mit anderen zu England, sie fühlten sich so wie so als halbe Engländer. Schleswig-Holstein käme zu Dänemark. Der Russe wäre garnicht so schlimm, wie behauptet wurde. Das mache nur dieser Göbbels mit seiner großen Klappe. Den Russen würde die Westmächte schon zahm halten oder Halt gebieten. Übrigens der Umsturz stände dicht bevor. In 5 – 6 Wochen würde er gestartet. Dann war er im Besitz eines roten Stempels: „Korps Lützow“. Eine illegale Verbindung zwecks Umsturz. Schöne Visitenkarten hatte er sich drucken lassen, mit diesem langen Senf studentischer Bezeichnungen drauf, dann hat er sich an Wehrmachtsangehörige, Offiziere, heran gemacht; sie in seinem Sinne zwecks Umsturz u.s.w., zu beeinflußen versucht. Mit der Miene eines Oberteufels, der morgen, wenn die Köpfe rollen, und die Genickschüsse sanften Tod bereiten, über dieses zu entscheiden hat, zieht er zuletzt eine dieser prächtigen Visitenkarten hervor, haut den roten Stempel „Korps Lützow“ auf die Rückseite, schreibt mit seiner Cäsarenhand die Worte dazu: „Inhaber dieser, ist zu schonen.“ und übergibt sie mit läßiger Handbewegung seinem baß erstaunten Gegenüber.

Wie gesagt: Man sollte meinen er hätte einen Vogel, wenn die Sache nicht blutiger Ernst wäre, und eine niederträchtige Gemeinheit dazu, denn diese Banausen wollen uns ja selbst, und damit unseren Frauen u. Kindern, an das Leben. Und so kann ich auch nur lächeln, über den wahrhaft dummen Brief, den die Inge an Willi, nach Berlin schrieb, von Annemarie ganz zu schweigen.

Warum jammern sie jetzt? Ich weiß ihre Reden!! Sie sind alt genug um sauber zu sein. Will ihnen einer eine Perle aus der Krone nehmen? Jeder sei heute würdig unserer toten Helden, und beschmutze ihr Opfer nicht, weder mit Worten noch mit der Tat.

Und nunmehr dir Gustav und deiner Anne herzl. Grüße u. Heil Hitler v. uns allen“

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