„… auch die Täter benennen“ –
seit dem 9.11.2013 ist die Webseite „Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung 1933 – 1945“ freigeschaltet
Auf einer sehr gut besuchten Veranstaltung des Fördervereins Gegen das Vergessen – Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung 1933 – 1945 e.V. im Weißen Haus in Elmshorn wurde anlässlich des 75. Jahrestages der Reichspogromnacht das neue Webseitenportal der Öffentlichkeit vorgestellt und im Internet freigeschaltet.
Ca. 80 Besucher aus dem gesamten Kreis Pinneberg nahmen an der Veranstaltung teil und informierten sich über das umfangreiche Wissensangebot zur lokalen und regionalen Zeitgeschichte des Nationalsozialismus.
Stellvertretend für den gesamten Förderkreis berichtete Rudi Arendt eingangs über die Zusammenarbeit der Mitwirkenden aus der Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine für Elmshorn, Arbeitsgruppe des Ortsarchivs Horst, Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein (AKENS), Förderverein Museum Helgoland, Geschichtswerkstatt des SPD-Ortsvereins Uetersen, Initiative Selbstbewusstes Quickborn und der Stadtarchive Elmshorn und Tornesch sowie historisch interessierten Einzelpersonen, die sich in dem Förderverein zusammengeschlossen und zum erfolgreichen Gelingen des Projektes beigetragen haben.
In einem anschließenden Vortrag über die Reichpogromnacht in der Nacht vom 9. auf den 10.11.1938 schilderte Harald Kirschninck die Hintergründe und den Verlauf dieser von der NSDAP-Führung organisierten Ausschreitungen und seinen dramatischen Folgen für die jüdische Gemeinde Elmshorn.
Die Bürgermeisterin Frau Dr. Brigitte Fronzek wünschte im Namen der Stadt Elmshorn dem Projekt eine positive Resonanz. Sie betonte die Bedeutung dieser neuen Form der Geschichtsaufarbeitung und merkte an, dass sowohl die Opfer des NS-Regimes, aber auch die Täter zu benennen sind. Der Nationalsozialismus lässt sich nicht verstehen, wenn diejenigen Personen außer Acht bleiben, die hier bei uns vor Ort die Verantwortung für Unterdrückung und Verfolgung getragen haben.
Frau Petermann von der Landeskoordinationsstelle gegen Rechtsextremismus beim Landesinnenministerium Schleswig-Holstein schlug einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart. Sie verwies auf die Möglichkeiten im Kampf gegen den heutigen Rechtsextremismus, die das Land Schleswig-Holstein anbietet. Die Landeskoordinationsstelle hat das Webseitenprojekt vor allem deshalb gefördert, weil es durch die Geschichtsvermittlung jüngere Generationen vor den Gefahren von rechts sensibilisiert.
Der Förderverein hat die Projektidee von einer bereits für Bremen bestehenden Webseite übernommen. John Gerardu von dem Bremer Verein „Erinnerung für die Zukunft“ erläuterte die ursprüngliche Intention für die Erstellung des Webportals. Demnach ist man in Bremen der Überlegung nachgegangen, wie die anregende Vermittlung über das Wissen der NS-Zeit mit dem Ausbleiben der Zeitzeugen für nachfolgende Generationen erhalten werden kann. Gerade auch der Bezug zum eigenen Lebensraum schafft hierbei einen neuen Zugang zur Zeitgeschichte.
Nach einer kurzen Vorstellung der Funktionen der Webseite durch den Programmierer Steffen Jäckel von der Fa. Bit for Byte wurde die Webseite vom Förderverein freigeschaltet und erste „Spuren“ aus den verschiedenen Orten vorgestellt.
Rudi Arendt von der Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine für Elmshorn stellte die Funktionsmöglichkeit der Erstellung eines Stadtrundgangs am Beispiel von Elmshorn vor. Jörg Penning (AKENS) berichtete über die beiden „Euthanasie“-Opfer Magda Janzen und Martha Weidmann aus Quickborn, für die im vergangenen Jahr Stolpersteine von dem Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt wurden. Für Uetersen schilderte Erhard Vogt von der Geschichtswerkstatt des SPD-Ortsvereins Uetersen am Beispiel der beiden Widerstandskämpfer Johann Britten und Arthur Sorg die Massenverhaftungen von NS-Gegnern 1934/35 und den darauf folgenden „Offenborn-Prozess“. Das ebenfalls zum Kreis Pinneberg gehörende Helgoland blieb von Ungerechtigkeiten und Opfern des Nationalsozialismus nicht verschont. Frau Astrid Friederichs, Förderverein Museum Helgoland, informierte bewegend über die Verfolgung von Homosexuellen, Zwangsarbeit und Widerstand in den letzten Kriegstagen.
In der nun freigeschalte Webseite Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung 1933 – 1945 sind bereits über 200 „Spuren“ zur Geschichte der lokalen und regionalen Zeit des Nationalsozialismus verzeichnet. Über eine „Mitmach“-Funktion gibt es die Möglichkeit, dass auch andere Interessierte sich mit eigenen Beiträgen beteiligen und damit die immer noch vorhandenen „weißen Flecken“ in der Orts- und Kreisgeschichte ausfüllen.
www.spurensuche-kreis-pinneberg.de