Förderverein Spurensuche veranstaltete Podiumsdiskussion zur Zukunft des Archivwesens
Pinneberg. Zum 27. 2. 2019 hatte der „Förderverein Spurensuche im Kreis Pinneberg 1933-1945“ zu einer Podiumsdiskussion in die Berufsschule Pinneberg eingeladen. Geladen waren die Landtagsabgeordneten Annabell Krämer (FDP), Barbara Ostmeier (CDU), Beate Raudies (SPD), Ines Strehlau (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), der Direktor des schleswig-holsteinischen Landesarchivs Prof. Rainer Hering und die Kieler Stadtarchivarin Jutta Briel. Bei der spannenden Podiumsdiskussion zu den Pflichten und Vorteilen bei der Einrichtung von Ortsarchiven konnte das interessierte Publikum verfolgen, wie Landtagsabgeordnete und Sachverständige Bewusstsein für ein in der Öffentlichkeit kaum präsentes Thema schafften.
Vom Veranstalter, dem Förderverein Spurensuche, wies Erhard Vogt in seiner Begrüßung daraufhin, dass seit 2000 alle kommunalen Verwaltungen die nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigten Unterlagen einem Archiv anbieten oder selbst eines einrichten müssen. Dieser im Landesarchivgesetz von 1992 vorgeschriebenen Regelung kommen jedoch viele Verwaltungen im Kreis Pinneberg immer noch nicht nach. Gastgeber Ulrich Krause, Leiter der Kreisberufsschule, verwies in seinem Grußwort darauf, dass Archive einst zur Sicherung von Herrschaft entstanden sind, aber heute allen offen stehen würden und fragte: „Bei der Einrichtung von Archiven damals wie heute, wie gehen wir mit unserer Vergangenheit um?“ Ihm war es zu verdanken, dass sich durch die Ausstellung „Das Gedächtnis unseres Landes – Archive in Schleswig-Holstein“ nicht nur die Öffentlichkeit, sondern die gut 3800 Schülerinnen und Schüler im Forum der beruflichen Schule informieren konnten.
Von den Machern dieser Ausstellung führten der leitende Direktor des Landesarchivs Schleswig, Prof. Rainer Hering, sowie die Archivarin und ehemalige Vorsitzende des Verbandes kommunaler Archivarinnen und Archivare (VKA), Jutta Briel aus der Landeshauptsstadt, in die Diskussion ein. Hering betonte die Aufgabe, ein über Jahrhunderte erreichtes Wissenskontingent zu sichern. „Wer nicht archiviert, kann nicht erinnern und nicht erinnert werden.“ Archive leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Identitätssicherung der Bevölkerung vor Ort. „Aufgrund einer immer unübersichtlicher werdenden Welt“ sah Jutta Briel für Archive „eine große Zukunft“. Auch sie verwies auf die Verpflichtungen durch das Landesgesetz und stellte fest: „Archive kosten halt auch Geld. Wieviel muss ich investieren und wer muss es finanzieren?“ Moderator Dr. Roland von Ziehlberg, Verlagsleiter der Uetersener Nachrichten, nahm diesen Ball auf und gab ihn an die Vertreterinnen der Landespolitik weiter. „Aufgrund der großen Herausforderungen für Kommunen kann es sein, dass diese ihre Verantwortung gerne abgeben“, betonte Annabell Krämer, FDP. Sie machte auf die für sie „schwammige Formulierung“ der gesetzlichen Vorgabe aufmerksam, dass Kommunen zwar die Archivierung ihrer Unterlagen in eigener Verantwortung zu regeln haben, aber das „wie“ mehrere Optionen beinhaltet. „Das Land fördert, das Landesarchiv fördert, bildet und berät“, sagte Barbara Ostmeier, CDU, und fragte, warum der VKA die vom Land gestellten Mittel nicht abfordere. Aus landespolitischer Sicht erkannte sie das Problem, dass sich die kommunalen Spitzenverbände anders orientieren würden als der VKA. Es wäre daher wichtig ins Gespräch zu kommen. „Es liegt am politischen Willen der Kommunen“, stellte Beate Raudies, SPD, klar. Diese hätten Geld wie lange nicht mehr. Es ist und bleibt ihre Pflichtaufgabe. Allerdings würden Sanktionen nicht weiterhelfen. Ines Strehlau, Bündnis 90/DIE GRÜNEN hatte sich im Vorfeld der Veranstaltung im Stadtarchiv Wedel sachkundig gemacht und die Arbeit der Verwaltungskräfte schätzen gelernt. „Man braucht dafür die fachliche Ausbildung“. Prof. Hering wies auf ganz neue Anforderungen an die Archivierung durch die Digitalisierung in den Kommunen hin, die mit der Einführung der elektronischen Aktenführung verbunden sind. Zur Bewältigung dieser Herausforderung arbeite das Landesarchiv in Kooperation mit anderen Bundesländern am Aufbau des digitalen Archivs des Landes, das die kommunale Ebene mit einschließt. Wie die kommunale Archivlandschaft im Kreis weiterentwickelt werden kann, dazu gab es unterschiedliche Herangehensweisen. Wobei die Frage, ob nicht das Kreisarchiv als Kompetenzzentrum auszubauen wäre, im Mittelpunkt stand. Dafür brauche ein Kreisarchiv mindestens drei Vollzeitstellen, so die Archivarin aus Kiel. „Archive sind eine kostengünstige Einrichtung, gegenüber dem, was sie leisten“, ergänzte Rainer Hering.
Die Abschlussresümees der Landtagsabgeordneten ließen hoffen, dass Unterstützung von hier zu erwarten ist. Die Schlussfolgerung des Moderators, die Hoffnung auf das Zustandekommen einer interfraktionellen Arbeitsgruppe, war der Abschluss eines an der Sache orientierten und nach Lösungen suchenden zweistündigen Diskussionsabends. Der deutlich machte: Archive, insbesondere Ortsarchive, haben eine zentrale Funktion für die Demokratie!
Ein Dankeschön für eine engagierte Diskussion. Von links nach rechts: Erhard Vogt vom Förderverein, Prof. Rainer Hering (Landesarchiv), Jutta Briel (Archivarin aus Kiel), Moderator Dr. Roland v. Ziehlberg, Annabell Krämer (FDP), Barbara Ostmeier (CDU), Beate Raudies (SPD), Ines Strehlau (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)