Lebendige Erinnerungskultur: Gedenken an die Pogromnacht 1938 in Elmshorn

Gedenkveranstaltung 9. November 2014 Elmshorn

Riga Ghetto Latvian Holocaust Museum  Gedenkveranstaltung 9. November 2014 Elmshorn

 
Riga Ghetto Latvian Holocaust Museum

Lebendige Erinnerungskultur

Elmshorn. Der 9. November markiert in der deutschen Geschichte nicht nur den Mauerfall sondern einen Wendepunkt hin zu einem Verbrechen was bisher einmalig ist: Die Ermordung von sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens nahm hier 1938 ihren Anfang.  Zum 76. Jahrestag lud die Stadt zu einer Gedenkfeier an der ehemaligen Synagoge am Gedenkplatz Flamweg, an der 30 Menschen teilnahmen, ein. Nach dem „El Male Rachamim“, gesungen von Elija Schwarz, erinnerte Bürgervorsteher Karl Holbach: „Auch an diesem Platz stand damals eine Synagoge, die durch gezielte Brandstiftung vernichtet wurde.“ Heute sei es wichtig, sich zu erinnern und aus diesen Erinnerungen Forderungen für die Zukunft abzuleiten. „Meine Forderung“, so Holbach: „Lassen Sie uns wachsam bleiben gegen über neonazistischen, gewaltbereiten Organisationen, gegen jede Form  von Diskriminierung und Rassismus, gegen rechtes Denken und Antisemitismus“. Holbach zitierte den Präsident des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann: Dieser hätte sich nie im Leben vorstellen können, in Deutschland überhaupt wieder gegen Antisemitismus demonstrieren zu müssen.

„Ich habe jetzt erst den Namen meiner Großmutter wieder gefunden“. Marianne Wilke, von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten ging auf Spurensuche und war in der erst kürzlich eröffneten Gedenkstätte in der lettischen Hauptstadt Riga fündig geworden: „Die Namen meiner Großeltern, Philipp und Henriette Lehmann und einer Tante finden sich auf einer großen weißen Wand.“

Und für die Geschichte der jüdischen Gemeinde Elmshorn denkwürdig: Zehn Reihen unter ihren Namen steht ein Elmshorner verzeichnet: Karl Löwenstein ist vermutlich am 7. Dezember 1942 nach Riga deportiert.  “ Jetzt wissen wir es – sein Name ist im Getto- Museum in Riga festgehalten. Andere Elmshorner kamen nach Auschwitz, Bergen-Belsen, Litzmannstadt, Minsk und Theresienstadt“, so Marianne Wilke: „Die Nazis hatten ihnen ihre Namen und ihre Würde längst genommen. Mein Mann und ich waren erleichtert, die Namen jetzt wieder zu finden.“

Sie erinnerte an die Nachkriegsjahre: Kanzler Adenauer machte es nichts aus, Globke, den Kommentator der nazistischen Rassengesetze in seine Regierung zu holen. Auch in Schleswig-Holstein machten Nazis wieder Karriere.

„Ich lese in der Zeitung, das die Mörder von Mord und Totschlag nichts gewusst – meine Schwester nähte damals den Puppen gelbe Flecken auf die Brust“. Anna Haentjens zitierte und sang Lieder  von Jens Gerlach und Manfred Schmitz, die aufwühlten.

Für Karl Löwenstein wurde in Elmshorn mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig vor sechs Jahren ein Stolperstein verlegt. Zusammen mit Anna Haentjens  als Patin übergab Marianne Wilke der jüdischen Gemeinde Elmshorn  Bilder aus der Gedenkstätte Riga.

Bürgermeister Volker Hatje, Brigitte Fronzek als seine Vorgängerin, als auch alle Vertreter der Elmshorner Ratsfraktionen, sowie viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschisten Elmshorn nahmen teil.

 

Rudi Arendt 9.11.2014