8. Mai – Viele Aktivitäten zum offiziellen Gedenk- und Feiertag im Kreis Pinneberg
Den 8. Mai, zur Erinnerung an Kriegsende und Befreiung 1945, als ersten offiziellen Gedenktag in Schleswig-Holstein zu feiern, dazu gab es im Kreis Pinneberg eine Reihe von Angeboten. Wir versuchen eine erste Übersicht zu erstellen. Wir würden uns freuen, wenn uns weitere Beiträge aus den Orten zukommen und wir diese hier veröffentlichen können.
Das Schleswig Holstein-Magazin berichtet über Förderverein Spurensuche:
„Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. 76 Jahre später ist dieser Tag erstmals ein Landesgedenktag in Schleswig-Holstein. Das nimmt der Verein „Gegen das Vergessen – Spurensuche im Kreis Pinneberg und Umgebung 1933 -1945 e.V.“ zum Anlass, um weitere Ereignisse der Nazizeit sichtbar zu machen und heute wieder in Erinnerung zu rufen. Auf ihrer Internetseite sammeln die Vereinsmitglieder seit acht Jahren auf einer Karte Orte im Kreis Pinneberg, an denen Menschen ermordet wurden, Zwangsarbeitslager waren oder es Gegenwehr gab. Dazu gibt es Bilder und Texte, die die Vereinsmitglieder ehrenamtlich recherchieren und zusammentragen. Ein geschichtliches Ereignis ins Bewusstsein rufen und über die regionale NS-Zeit aufklären: unser Thema zum Landesgedenktag.“
Auf Spurensuche in Tornesch und Uetersen:
Antifaschistischer Stadtrundgang in Elmshorn
Aus dem Aufruf: 3. Mai 1945: „Elmshorn befreit sich von der Nazimacht. Es ist 76 Jahre her, dass Sozialdemokraten und Kommunisten am 2. Mai 1945 gemeinsam den „Antifaschistische Ausschuss“ gründeten. Sie bewaffneten sich, nahmen den Nazi-Bürgermeister und seine Schergen fest, hissten als Zeichen der Kapitulation weiße Fahnen am Turm der Nikolaikirche und verhinderten damit eine geplante neue sogenannte Verteidigungslinie der Nazis. So war Elmshorn Tage vor dem 8. Mai, dem offiziellen Tag der Befreiung, in der Hand von Antifaschisten und wurde später den Engländern übergeben.
Eine ruhmreiche und in dieser Form einmalige Geschichte in Deutschland fand in Elmshorn statt. Aber bis heute wird sie öffentlich nicht so gewürdigt, wie sie es verdient hätte. Seit vielen Jahren organisieren Antifaschistinnen und Antifaschisten aus diesem Anlass Aktionen und Veranstaltungen.”
So auch in diesem Jahr 2021 am 8. Mai mit einem antifaschistischen Stadtrundgang, an dem gut 50 Personen teilnahmen. Um 5 vor 12 läuteten die Glocken der Nikolaikirche, deren Turm erneut mit weißen Fahnen ausgestattet wurde. Dort sprachen dann zur Begrüßung die Pastorin Mirjam Kull und der Landesvorsitzende der VVN-BdA, Dr. Jürgen Brüggemann. Dann ging es zur Geschäftsstelle der IG Metall im Wedenkamp. Dort erinnerte Kai Trulsson, Bevollmächtigter und Geschäftsführer, an die brutalen Angriffe der Neonazis vor ca. 20 Jahren gegen die damalige Bürgermeisterin Dr. Brigitte Fronzek und Uwe Zabel, damals IG Metall Bevollmächtigter. Bei der nächsten Station am Standort des ehemaligen Gewerkschaftshauses in der Schulstraße, sprach dann Mike Hörster, Sekretär von ver.di. Am Rathaus (Hintereingang) berichtete Stefan Peetz von der Antifa von der Nazigewalt am Rand des AfD-Parteitages in Henstedt-Ulzburg. In der Norderstrasse am ZOB befand sich das berüchtigte Sturmlokal der SA Elmshorn. Hier sprach Thorsten Mann- Raudies, SPD – Ratsherr. Der Rundgang endete am Gedenkstein für die Opfer des Faschismus in Elmshorn. Es wurde, wie in jedem Jahr ein Kranz niedergelegt, und es sprach Heinz Stehr. Die Initiatoren der diesjährigen Aktion zum „Tag der Befreiung“ erneuerten ihren Vorschlag, dass Straßen und Plätze im Gebiet Vormstegen rund um das geplante neue Rathaus nach den Akteuren der Selbstbefreiung benannt werden. Es waren z.B. der Kommunist Artur Geißler und der Sozialdemokrat Erich Arp.
Die Beiträge von Pastorin Mirjam Kull, Jürgen Brüggemann, Thorsten Mann-Raudies sowie Heinz Stehr finden sie hier:
Gedenken an die ZwangsarbeiterInnen in Wedel
Aus dem Aufruf: „2021 wird der 8. Mai in Schleswig-Holstein erstmals als offizieller Gedenktag begangen. Diese überfällige Würdigung begrüßen wir. Wir sehen den 8. Mai 1945 als Datum der Befreiung von Faschismus und Krieg durch die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Mit diesem Ende des 2. Weltkrieges in Europa endete die Schreckensherrschaft des nationalsozialistischen Deutschlands, die Millionen Tote kostete: Kriegsopfer, Opfer des Genozids, Opfer der Konzentrationslager, Opfer der Strafaktionen in den besetzten Staaten. Der Opfer zu gedenken und vor neuen Gefahren zu warnen, ist uns ein Anliegen. Deshalb wollen wir uns am 8. Mai 2021 um 11 Uhr an der Grabstätte auf dem Friedhof Breiter Weg/Bus-Station Egenbüttelweg in kleiner Runde Gedanken machen, wie der dortige Grabsteineinzuordnen ist.” Marianne Wilke sprach hier für die VVN-BdA, Irmgard Jasker für den Arbeitskreis der Stadt Wedel.
Den Beitrag von Marianne Wilke finden sie hier:
Evangelischer Friedhof Wedel, Breiter Weg/Egenbüttelweg Grabstätte für 22 ausländische Opfer des Zweiten Weltkriegs, unter denen sich zehn Personen sowjetischer Herkunft befinden. Im Kreis Pinneberg gibt es in neun Orten russische und sowjetische Kriegsgräberstätten aus beiden Weltkriegen. Diese Gräber liegen sehr oft am äußersten Rand eines Friedhofs und sind schwer zu finden. Das Gräbergesetz in Deutschland garantiert die Unverletzlichkeit dieser Gräber. Deshalb sind sie manchmal auch als Einzelgrabanlage auf ansonsten abgeräumten Gräberfeldern zu finden. Die Kosten für die Grabpflege übernimmt die Bundesrepublik.
(aus: Liste der russischen und sowjetischen Kriegsgräberstätten in Schleswig-Holstein)
16-18 Uhr, Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule Elmshorn (KGSE), Hainholzer Damm 15, Online auf Youtube, im OKSH und auf Tide TV. Eine gemeinsame Veranstaltung des Initiativkreises Gedenktag 8. Mai in Schleswig-Holstein mit der Erich-Kästner Gemeinschaftsschule Elmshorn
Schülerinnen der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule Elmshorn im Gespräch mit Uta Körby, Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein, Dr. Stephan Linck, Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit in der Evangelischen Akademie der Nordkirche, Dr. Christian Meyer-Heidemann, Landesbeauftragter für politische Bildung in Schleswig-Holstein und Beate Raudies, Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtags
Elmshorn und Quickborn – Stolpersteine putzen gegen das Vergessen
Auf der Website des SPD-Ortsvereins Elmshorn heißt es: „In diesem Jahr begehen wir zum ersten Mal den 8. Mai als einen offiziellen Gedenktag in Schleswig-Holstein. Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Terrorherrschaft markiert dieses Datum gleichzeitig den Beginn eines freiheitlichen und demokratischen Deutschlands. Als Elmshornerinnen und Elmshorner können wir stolz darauf sein, dass sich unsere Stadt selbst vom Nazi-Regime befreit hat, indem bereits am 4. Mai 1945 eine große weiße Fahne auf dem Turm der Nikolai-Kirche gesetzt und Elmshorn zur „Freien Stadt“ erklärt wurde.
Andererseits mahnt dieser Tag eindringlich dazu, uns an die Menschen und ihre Schicksale zu erinnern, die der Nazi-Diktatur zum Opfer fielen. Es war das erklärte Ziel der Nationalsozialisten, jüdisches Leben auszulöschen und alle Gesellschaftsgruppen, die sich nicht der Nazi-Ideologie unterordneten, verstummen zu lassen. Dies hatte für viele Elmshornerinnen und Elmshorner zur Konsequenz, dass sie aus ihrer Heimat vertrieben, enteignet, politisch verfolgt und schließlich ermordet wurden.
Als Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus hat der Bildhauer Gunter Demnig das Gedenkprojekt der Stolpersteine ins Leben gerufen. Stolpersteine markieren den letzten freiwillig gewählten Ort, an dem die Menschen lebten, bevor sie vor den Nazis flohen oder verschleppt wurden.
Benno Bengalo Wintersteins Vater wurde 1934 wegen „kommunistischer Umtriebe“ verhaftet. Da sein Vater Sinto war, wurden Benno und seine gesamte Familie von den Nazis verfolgt und deportiert.
Damit die Opfer und ihre Schicksale nicht in Vergessenheit geraten, bedarf es einer gemeinschaftlichen Pflege dieser Erinnerung. Daher wollen wir erreichen, dass die Stolpersteine in unserem Alltag sichtbar und ihre Inschriften leserlich bleiben.
Deshalb rufen wir dieses Jahr dazu auf, am 08. Mai die Stolpersteine gemeinsam zu putzen und der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.
Gemeinsam mit unserem Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann werden wir an diesem Tag die Elmshorner Stolpersteine wiederaufpolieren. Wir freuen uns über alle Putzpatinnen und Putzpaten, die sich die Mühe machen, die Stolpersteine in unserer Stadt zu pflegen.“ https://www.spd-elmshorn.de/2021/05/01/aufruf-zum-gedenken-am-08-mai-stolpersteine-und-stadtrundgang/
In Quickborn haben Mitwirkende des Träger- und Förderverein Heinri-Goldstein-Haus die dortigen Stolpersteine in einer Putzaktion wieder auf Hochglanz gebracht. Die acht Stolpersteine in Quickborn sind ebenso Teil dieses großen europaweiten Projektes / Mahnmals. Die Orte der Stolpersteine finden sich auf der Internetseite „spurensuche-kreis-pinneberg.de“.
Pinneberg: Kundgebung zum 8. Mai „Tag der Befreiung“
Vor dem VVN-Gedenkstein am Rathaus Pinneberg für Frieden, Demokratie und Völkerverständigung Moderation: Dieter Borchardt – Veranstalter.
Es sprachen:Gabriela Matthies – stellvertretende Bürgervorsteherin der Stadt Pinneberg
Jens Wilke – Kreisvorsitzender Pinneberg der VVN – BdA(Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten)
Guido Nowak – Diakon der Katholischen Pfarrei Hl.Martin
Am Ende der Kundgebung wurden von den Teilnehmer*innen vor dem Denkmal Blumen niedergelegt. Ausführlicher Bericht unter:
20210510_Memo_Jochen_Hilbert_8. Mai 2021 PI
Aus der Einladung: „In diesem Jahr ist der 8. Mai in Schleswig-Holstein erstmals ein offizieller Gedenktag. Auch die Geschichtswerkstatt möchte an Kriegsende und Befreiung vor 76 Jahren erinnern. Deshalb bieten wir einen Stadtrundgang zu den STOLPERSTEINEN an, der um 11 Uhr im Tornescher Weg 5-7 beginnt.“
Der Stadtrundgang führte über den Kleinen Sand, die Katharinenstraße, den Sandweg und den Ossenpadd wieder zurück zum Tornescher Weg. An den Orten der Stolpersteine wurden von Sabine Niklas, Fabian Boehlke und Erhard Vogt wissenswertes über die Opfer des Nationalsozialismus erzählt.
„Diese Grausamkeiten darf man nicht vergessen“, sagte Teilnehmer Uwe Looft, der als kleiner Junge die Bombenangriffe miterlebt hat. „Man kann nur den Kopf schütteln, was sich diese grausamen Menschen alles haben einfallen lassen.“ Dezente Anfänge dieser rechten Entwicklung seien auch heute wieder sichtbar. LMG-Geschichtslehrer Peter Schmidt nahm sowohl aus persönlichen als auch beruflichen Interesse teil. „Es ist ganz wichtig, dass, was wir im Unterricht abstrakt lehren, auch auf lokaler Ebene näherzubringen“, erklärt der Pädagoge, der mit seinen Schülern dafür Exkursionen unternimmt.
Dass man die Erinnerung aufrechterhalten muss, dafür steht auch Bürgermeister Dirk Woschei (SPD). „Dieser Stadtrundgang zeigt, dass die Grauen der Nazizeit in schrecklicher Vielfalt in jeder Stadt vorhanden waren. Für die Menschen waren die Nazi-Diktatur und die Ermordung der Mitmenschen Alltag.“
Erinnerungskultur wird gepflegt
Der Uetersener Geschichtswerkstatt gehören Menschen an, die sich vorgenommen haben, die NS-Zeit (1933 bos 1945) in Uetersen aufzuarbeiten. Als ein Projekt hat sich der Kreis Geschichtsinteressierter mit dem Projekt Stolpersteine befasst und dafür gesorgt, dass inzwischen elf Erinnerungen in den Fußweg vor der letzten bekannten Wohnadresse der jeweiligen Persönlichkeit, an die erinnert werden soll, eingelassen wurden – von Gunter Demnig persönlich.
Die Gedenktafeln aus Messing verdrecken natürlich mit der Zeit. Regelmäßiges Putzen dieser Erinnerungsstücke ist also notwendig und wird von den Mitgliedern der Geschichtswerkstatt auch als Pflicht empfunden. Am Freitag, 23. April, wurde den Stolpersteinen mit Paste und Putztuch wieder einmal zu neuem Glanz verholfen.
Initiator Erhard Vogt, der auch Ratsherr und Mitglied der SPD-Fraktion in Uetersen ist, freute sich über weitere vier Helfer, die dazu beitrugen, die Arbeiten zügig zu erledigen.
Erhard Vogt arbeitet mit dem Projekt auch gegen das Schweigen in der eigenen Familie an. „Mein Großvater war Nazi und es wurde viel verschwiegen“, berichtet er. Dass die Nazis nicht nur anderswo agierten, sondern auch vor der eigenen Haustür, treibt Fabian Boehlke (CDU) an. „Das System hat sich bis in den kleinsten Raum durchgezogen“, erklärt das Mitglied der Geschichtswerkstatt.
Da es in Uetersen keine professionelle Aufarbeitung durch Fachkräfte wie Historiker gibt, sei die private Initiative umso wichtiger. Das Interesse am Stadtrundgang war so hoch, dass nicht alle Interessenten berücksichtigen werden konnten. Neben Bürgermeister Woschei nahmen auch Bürgervorsteher Adolf Bergmann und der Landtagsabgeordnete Thomas Hölck (SPD) teil. Gemeinsam gedachten sie unter anderem der beiden Mädchen Lola Jurtschonok und Maria Skumatow. Ihre Mütter waren russische Zwangsarbeiterinnen, und die Kleinkinder überlebten die Zustände im Zwangsarbeiterlager auf dem Gelände der Maschinenfabrik Hatlapa nicht.
Die Geschichten der Opfer sind auf www.spurensuche-kreis-pinneberg.de ausführlich dargestellt.
(ausführliche Berichte in den Uetersener Nachrichten vom 4 und 10.5.2021)
Gegen das Vergessen – Online Veranstaltung der Stadt Elmshorn mit Elmshorner Schulen